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Wasserstoff: Ostalb will Pipeline

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Von: Robert Schwarz, Bea Wiese

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Möglicher regionaler Pipelineausbau - Verbindung Ankerprojekte und Hauptstandorte
Möglicher regionaler Pipelineausbau - Verbindung Ankerprojekte und Hauptstandorte © rico

2024 soll der Bau der süddeutschen Erdgasleitung starten. In manchen Teilen des Landes regt sich Kritik, die Region unterstreicht die Bedeutung des Projekts.

Aalen. Sie soll den Anschluss der Region an das internationale Wasserstoffnetz sicherstellen: die Süddeutsche Erdgasleitung, kurz SEL. Rund 500 Millionen Euro soll sie kosten, im hessischen Lampertheim starten und über Heidelberg, Ludwigsburg, Esslingen und Göppingen die Region erreichen, zunächst Gas und später Wasserstoff transportieren.

Doch die SEL ist nicht unumstritten. Kritiker bemängeln, dass sie mit der Energiewende (und dem langfristigen Gasabschied) überflüssig werde. Das Land hält an der Planung fest – was die IHK Ostwürttemberg unterstützt. Sie spricht sich für einen raschen Baubeginn der SEL aus. „Die Klimaschutzziele können ohne Wasserstoff nicht erreicht werden. Die Zeit drängt. Ohne Wasserstoff kann die Energiewende nicht gelingen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler.

Die SEL spielt in der Zukunftsoffensive der Region eine Rolle. Ein Ziel ist, dass Ostwürttemberg Wasserstoffregion wird. „Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft und essenzieller Bestandteil der Energiewende auf dem Weg zur Klimaneutralität“, betont Erhard Zwettler, stellvertretender IHK-Bereichsleiter. „Voraussetzung für das Erreichen des Ziels, bis 2040 klimaneutral zu sein, ist ein rasches und entschlossenes Handeln. Die SEL ist ein elementarer Baustein“, so Zwettler. Die Industrie sei auf eine sichere Energieversorgung angewiesen. Es sei unerlässlich, dass Ostwürttemberg an das nationale, europäische und internationale Wasserstoffnetz angekoppelt werde. „Der Bau der SEL muss forciert werden. Die Politik ist aus diesem Grund gefordert, rasch die notwendigen Weichen zu stellen“, fordert Rentschler. Nur unter dieser Voraussetzung hätten die Unternehmen die Planungs- und Investitionssicherheit, die Voraussetzung für das Gelingen der Transformation und dem Erreichen der Klimaziele ist.

Auch der Ostalbkreis treibt die Wasserstoffpläne voran. Auch im Kreistag war die SEL deshalb ein Thema. Laut Landrat Dr. Joachim Bläse habe Wasserstoff grundsätzliche Bedeutung für die Zukunft. Auch Kreisrat Volker Grab von den Grünen freut sich, dass der Ostalbkreis das Thema „proaktiv“ angeht. „Wir brauchen Technologieoffenheit.“ Für Carola Merk-Rudolph (SPD) ist Wasserstoff „das Energiesystem der Zukunft“. „Das Vorhandensein von nachhaltig erzeugter, aber auch bezahlbarer Energie wird zunehmend ein Standortfaktor sein.“

Die Planungen der SEL sehen vor, dass die Terranets BW in der ersten Jahreshälfte die Planfeststellung für den letzten noch nicht genehmigten Abschnitt zwischen Mannheim und Hüffenhardt (Neckar-Odenwald-Kreis) einreichen will. Die anderen Abschnitte sind planfestgestellt, mit dem Bau soll 2024 begonnen werden, die Fertigstellung ist für 2032 vorgesehen. Der für Ostwürttemberg entscheidende vierte Abschnitt ist als reine Wasserstoff-Pipeline geplant und wird nur bei hinreichendem Bedarf gebaut. Für diesen Trassenverlauf liegt die öffentlich-rechtliche Genehmigung mit dem Planfeststellungsbeschluss vor.

Kritik an der SEL kommt derzeit von Lokalpolitikern und Winzern im Raum Heidelberg. Deshalb droht die Stadt mit einer Klage gegen die Trassenführung. „Die vorliegende Trassenführung ist nicht akzeptabel“, so eine Sprecherin der Stadt gegenüber dem SWR. Terranets will die Einwände der Winzer bei der Umsetzung der SEL „so weit wie möglich berücksichtigen“. Kritik gibt es auch beim BUND. Amany von Oehsen bezweifelt im SWR, dass die SEL auf ihrer aktuellen Planungsgrundlage gebraucht wird. Sie begründet dies mit dem gesunkenen Gasbedarf. Sie bezweifelt, dass grüner Wasserstoff eine zentrale Rolle bei der Energiewende spiele.

Eine Bedarfsabfrage unter den Unternehmen in der Region widerlegt diese These: Im Rahmen des Projekts H2Ostwürttemberg wurden die Firmen nach ihrem potenziellen Wasserstoffbedarf befragt: auf Basis des heutigen Energieverbrauchs ergibt das einen Wasserstoffbedarf der Region von 200.000 Tonnen pro Jahr oder umgerechnet sieben Terrawattstunden, eine Hochrechnung vom Dezember geht von einem Minimalbedarf von mehr als 420.000 Tonnen aus. Ein wesentlicher Teil des Bedarfs würde auf die Papierfabrik Palm und Schwenk Zement entfallen.

Terranets rechnet zur geplanten Fertigstellung mit einem Bedarf von zwölf Gigawatt Wasserstoff für Baden-Württemberg. So gebe es etwa auf europäischer Ebene Bestrebungen, ein Transportnetz für Wasserstoff zu entwickeln, das „European Hydrogen Backbone“. Dieses solle potenzielle Lieferanten von Wasserstoff mit Verbrauchsschwerpunkten in Europa verbinden. Denkbar seien auch Wasserstoffimporte aus dem Nahen Osten und Nordafrika.

Um die Region mit Wasserstoff zu erschließen wären zusätzlich zur SEL weitere Leitungen nötig. Die regionalen Erzeuger und Abnehmer sollen über eine regionale Wasserstoffleitung verbunden werden, die in T-Form den Süden der Region, wo die SEL ankommt, in der Nord-Süd-Achse Heidenheim mit Aalen und Ellwangen verbindet und von Aalen aus den Gmünder Raum erschließt. Bopfingens Bürgermeister und Kreisrat Dr. Gunter Bühler forderte im Kreistag. „Wir sollten auch die Nutzbarkeit unseres Erdgasnetzes prüfen – möglicherweise ist es zu 100 Prozent für Nass-Transporte nutzbar, um Wasserstoff auch kleinräumig in unsere Region zu bringen." 

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