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Königsbashing aus dem Kochertal

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Von: Jürgen Eschenhorn

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Rosemarie Francis-Binder, Dozentin an der Hochschule, hat jamaikanische Wurzeln.
Rosemarie Francis-Binder, Dozentin an der Hochschule, hat jamaikanische Wurzeln. © privat

Warum Rosemarie Francis-Binder den Jubel um den Besuch von Charles und Camilla in Deutschland kritisiert.

Abtsgmünd. Drei Tage war der zukünftige britische König Charles III. mit seiner Frau Camilla in Deutschland. Unter anderem sprach er im Bundestag, wurde dort bejubelt. Doch es gab auch kritische Stimmen. Die der Abtsgmünderin Rosemarie Francis-Binder ist eine von ihnen.

Die Dozentin an der Aalener Hochschule lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Außerdem kämpft Rosemarie Francis-Binder seit jeher in ihrem Amt als Direktorin des „Advocates Network Jamaika“ um Anerkennung und Ausgleich der ehemaligen britischen Kolonialmacht für das Land ihrer Vorfahren. Diese haben in einer 60-Punkte-Beschreibung die Leiden und Verbrechen am jamaikanischen Volk aufgezählt und fordern dafür Entschädigung. Denn Jamaika litt mehrere Jahrhunderte unter Kolonialmächten, zuerst der Spanier, dann nach der Eroberung der Insel durch die Briten Mitte des 17. Jahrhunderts unter jenen. „Die Briten brachten Sklaven aus Afrika und Indien nach Jamaika, pressten die vorhandenen Ressourcen wie Zucker, Bananen, Metalle aus dem Land, quälten und folterten die Menschen und Einwohner und brachten viele um“, erzählt Francis-Binder. Sie selbst sei Nachfahrin eines versklavten Afrikaners und einer Inderin, die als Arbeiterin auf die Insel gebracht wurde.

„Ich respektiere, dass die Menschen ihrem König zujubeln, das ist ihr gutes Recht“, sagt sie. „Aber jeder sollte sich informieren, was im Namen des Königshauses viele Jahre passiert ist, sollte an die Geschichte denken, beim Jubeln“, ergänzt sie. Denn das Königshaus, auch England, hätten sich niemals entschuldigt für das Leid, für die Verbrechen. Auch nicht Prinz William beim Besuch in Jamaika. Es habe auch keinen finanziellen Ausgleich gegeben für das Land, in dem es weiten Teilen der Bevölkerung bis heute schlecht gehe. Sowohl was die Lebensumstände, die medizinische Versorgung, als auch die schulischen Möglichkeiten angeht. „Auch dafür kämpfen wir mit den Advocates“, sagt die Abtsgmünderin. Die kritisieren auch, dass bis heute Jamaikaner in England ausgegrenzt würden.

Rosemarie Francis-Binder kämpft auch mit der Organisation SUFJ (Stand Up for Jamaica) für Gefangene in Jamaika, um ihnen eine Perspektive zu geben und ist aktives Mitglied im Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Sie selbst liebe „Deutschland und Abtsgmünd und die Menschen dort“, sagt sie, fühlt sich bestens integriert. Sie engagiert sich vielfach in der Gemeinde, beispielsweise hat sie den Freundeskreis Asyl gegründet, und unterrichtet Englisch im Kindergarten. „Ich fühle mich hier sehr wohl, aber ich kämpfe weiter für meine Heimat“, sagt sie. Jürgen Eschenhorn

⋌Jürgen Eschenhorn

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