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Fritsch liefert tiefe Einblicke in das russische System

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Podiumsgespräch mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in Moskau
Podiumsgespräch mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in Moskau © privat

Der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau beteiligt sich am Gesprächskreis der Offenen Kirche.

Lorch/Schorndorf. Der Gesprächskreis Offene Kirche Schorndorf-Schwäbisch Gmünd hatte kürzlich zu einem Podiumsgespräch in das Martin-Luther-Haus nach Schorndorf eingeladen. Pfarrer Stephan Schiek aus Ruppertshofen und Pfarrer Lukas Golder aus Waldhausen führten dabei ein Gespräch mit Freiherr Rüdiger von Fritsch. Dieser war von 2010 bis 2014 deutscher Botschafter in Warschau und 2014 bis 2019 in Moskau. Gebürtig stammt Fritsch aus Schwäbisch Gmünd. Inzwischen ist er ein vielgefragter Gast in zahlreichen TV-Talkshows und bei Radiosendern zum Thema „Russland“ und der „Angriffskrieg in der Ukraine“. Dass er ein absoluter Experte in diesem Thema ist und tiefe Einblicke in die Geschichte und das russische System geben kann, stellte er bei dem Gespräch unter Beweis. Unterhaltsam, locker erzählte er zum Beispiel von den Begegnungen mit dem russischen Präsidenten, dass Putin kein „abgedrehter Spinner“ sei, der aber einer eigenen, in sich stringenten Logik als ehemaliger KGB-Beamter folgt und eben eine andere Sicht auf die Weltgeschichte hat.

Fritsch erzählte auch von seiner eigenen christlichen Prägung durch die Jugendarbeit. Später ließ er sich zum Prädikanten ausbilden und feierte in den Ländern, in denen er arbeitete, auch Gottesdienste und engagiert sich bis heute ehrenamtlich im Johanniter-Orden. Als Christ ringe er um Waffenlieferungen, sehe aber im Moment keine Möglichkeit für eine andere, friedliche Lösung. Denn auch ohne Waffenlieferungen würden das Töten und das Leid in der Ukraine nicht gestoppt werden, sondern würde weitergehen. Und: Der russische Präsident würde sowieso nur eine Sprache verstehen, die der Stärke.

Schon im Vorfeld kamen einige kritische Anfragen zum Titel des Themas, berichtete Pfarrer Stephan Schiek aus Ruppertshofen und Vorsitzender des Leitungskreises Schorndorf-Schwäbisch Gmünd. Groß sei die Angst gewesen, dass man an diesem Abend propagiert mit dem Titel des Vortrages für die Nato. Auch versammelte sich eine Handvoll „NATO Narrativ“-Demonstranten, die der Nato und der Ostausdehnung derselben die (Mit-) Schuld am Krieg geben, vor dem Martin-Luther-Haus. Der Veranstaltung selber blieben sie fern.

Auf diese Anfrage angesprochen reagierte Fritsch mit dem Bericht, wie er Michail Gorbatschow persönlich in einem Gespräch bei einem Treffen nach der Osterweiterung der NATO gefragt hatte und Gorbatschow ihm erwiderte, dass es nie Absprachen zur Osterweiterung gegeben habe und auch kein Schutzraum vereinbart wurde. Auch nicht mündlich.

Eine Lösung des Ukraine-Konflikts sah Fritsch an dem Abend nicht in naher Zukunft. Aber er war hoffnungsvoll, denn den Menschen sei in der Geschichte immer wieder Lösungen für Konflikte eingefallen.

Im Anschluss an das Gespräch hatten die gut 60 Zuhörer noch die Möglichkeit, ihre eigenen Fragen an den Russlandexperten zu stellen. Dann stellte eine aus der Ukraine geflohene Frau ein Hilfsprojekt für Menschen in der Ukraine vor, das auch der CVJM Schorndorf unterstützt. Hierfür kamen an dem Abend über 460 Euro zusammen.

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