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Den Finger gebrochen? Wann?

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Von: Wolfgang Fischer

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Symbolfoto © Pixabay

Verfahren wegen Geldfälschung und gefährlicher Körperverletzung endet mit Einstellung und Freispruch.

Schwäbisch Gmünd. Dass ihm bei einer Schlägerei auf dem Hardt das Fingergelenk gebrochen wurde? „Nicht, dass ich wüsste“, sagte der Zeuge am Dienstag vor dem Schöffengericht. Auch als ihm die Vorsitzende des Gerichts, Richterin Julia Ocker, Bilder von der Verletzung zeigte, die sogar operiert werden musste, kehrte die Erinnerung nicht wieder. Er habe sich schon viel gebrochen in seinem Leben, irgendwann einmal auch das Fingergelenk. Aber wobei, das wisse er nicht mehr.

Schwaches Gedächtnis

Ein ähnlich schwaches Erinnerungsvermögen hatten auch andere Zeugen, die am Dienstag geladen waren, als es darum ging, Vorwürfe von gefährlicher Körperverletzung und Geldfälschung aufzuklären. An einem Septemberabend vergangenen Jahres war ein Kradfahrer beim Supermarkt-Parkplatz auf dem Hardt mit zwei jungen Männern in Streit geraten. Laut Anklage nutzte der 37-jährige Kradlenker seinen Helm, um auf einen der beiden einzuschlagen. Und auch ein anderer Mann, der zu schlichten versuchte, habe durch den Helm Blessuren erlitten - unter anderem ein gebrochenes Fingergelenk. Doch weder der Gegner des Kradfahrers noch der Schlichter hatten zu den Verletzungen, die die Polizei damals feststellte, Atteste eingereicht. Der Einzige, der ein Attest vorlegte wegen eines ausgeschlagenen Zahns, war der Kradfahrer - und der saß am Dienstag auf der Anklagebank.

Sein Verteidiger Achim Wizemann verlas eine Erklärung seines Mandanten über die Vorgänge an jenem Abend. Die beiden Kontrahenten hätten auf ihn eingeschlagen. Er habe sich nur gewehrt.

Auch der direkte Gegner des Kradfahrers konnte keine eigene Schilderung der Ereignisse beitragen. Er habe Gedächtnisprobleme wegen starken Drogenkonsums, sagte er den Richtern. Eine Zeugin dagegen berichtete, dass der Kradfahrer unter seinen beiden Gegnern gelegen habe. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft folgte schließlich dem Vorschlag des Gerichts und stimmte der Einstellung des Verfahrens, was den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung angeht, zu.

Nicht einmal der Vorwurf, dass der 37-Jährige mit dem Roller fahrend zum Tatort gekommen war, ließ sich erhärten. Zwar hatte die Polizei damals bei ihm einen Alkoholpegel von rund 0,9 Promille festgestellt. Doch keiner der Zeugen konnte definitiv sagen, ob der Mann auf dem Roller gekommen war.

Ganz ähnlich verhielt es sich mit dem schwerwiegendsten Anklagepunkt der Verhandlung: der mutmaßlichen Geldfälschung. Im Geldbeutel des Rollerfahrers waren nach der Schlägerei nämlich drei gefälschte 20-Euro-Scheine entdeckt worden. In einem Gutachten, das Richterin Ocker verlas, stellte die Bundesbank zwar fest, dass die Scheine durchaus mit echtem Geld zu verwechseln gewesen wären. Alle Polizeibeamte, die die Scheine beim damaligen Einsatz gesehen hatten, sagten jedoch, dass sie sofort als „Blüten“ erkennbar waren. Wie Kopien hätten sie gewirkt, berichtete einer.

Viel wichtiger war die Frage: Wie waren sie in den Geldbeutel des Kradfahrers gekommen? Der jedenfalls ließ seinen Verteidiger mitteilen, dass er die Scheine nie zuvor gesehen habe. Allerdings sei ihm sein Geldbeutel zu Beginn der Auseinandersetzung von einem der Gegner abgenommen worden. Dieser junge Mann habe sich dann mit dem Geldbeutel davongemacht.

Geldbeutel genommen

Der junge Mann stellte es im Zeugenstand etwas anders dar: Der Geldbeutel habe auf der Straße gelegen und er habe ihn an sich genommen - damit er nicht wegkommt. Danach, das bestätigte er, habe er den Tatort verlassen und sei erst dorthin zurückgekehrt, als die Polizei vor Ort war. Er habe den Geldbeutel dann einem Polizeibeamten übergeben.

Bei dieser Beweislage plädierten Staatsanwältin wie Verteidiger auf Freispruch vom Vorwurf der Geldfälschung. Diesen Freispruch verkündete Julia Ocker denn auch. Die Verhandlung habe keinerlei Belege erbracht, dass der 37-Jährige Falschgeld hergestellt oder in Umlauf gebracht habe, begründete die Richterin das Urteil. ⋌Wolfgang Fischer

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