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Holpriger Weg zum klugen Sanieren

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Von: Marie Enßle

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Expertengespräch
Expertengespräch © HOJ

Wie können Eigentümer sinnvoll energetisch sanieren? Darauf können Experten derzeit keine klare Antwort geben, weil sich Vorgaben ändern, Kosten steigen und Material nicht verfügbar ist.

Schwäbisch Gmünd. Alle wollen was fürs Klima tun, der Weg dorthin ist aber derzeit holprig für die Beteiligten - egal ob Eigentümer, Mieter, Häuslebauer, Installateur, Bauprojekte-Planer oder Energieberater. So fasst es CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Inge Gräßle bei der Expertenanhörung in ihrem Gmünder Wahlkreisbüro am Mittwoch zusammen. Rund 30, vorwiegend ältere Bürger, hören zu.

Zum Hintergrund: Ab 2024 soll möglichst jede neue Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Grundlage ist das Gebäudeenergiegesetz. „Bei Neubauten kann man das vielleicht steuern, aber was machen wir im Bestand?“ Was raten die Experten aktuell, wenn die alte Gas- oder Ölheizung den Geist aufgibt? Wie soll das Ganze finanziert werden? Diese Fragen gab Inge Gräßle an die Expertenrunde weiter. Armin Linke, stellvertretender Innungsmeister Sanitär-Heizung-Klima, berichtet von vielen Kunden, die verunsichert sind. Jeder müsse individuell beraten werden. Das sei manchmal schwierig. Denn die Wärmepumpe als Alternative zu Gas und Öl sei nicht für jedes Gebäude geeignet. Die Dämmung müsse passen. Damit die Pumpe effizient arbeite, müssten große Heizkörper oder eine Fußbodenheizung ins Gebäude. Bei kleineren Heizkörpern funktioniere zwar eine Wärmepumpe auch, aber mit viel größerem Strombedarf. Bei den Strompreisen rechne sich dies dann unter Umständen nicht mehr. Zudem kämpften die Installateure mit Wartezeiten. Bei Wärmepumpen liege diese zwischen einem halben und einem Jahr. Ein weiteres Problem seien die hohen Investitionskosten. Früher habe der Einbau einer Wärmepumpe mit vernünftigem System bei rund 25 000 Euro gelegen, heute seien es rund 60 000 Euro.

Energieberater Bernhard Zerrweck wirbt dafür, alle zur Verfügung stehenden Wärmequellen zu nutzen. Wichtig sei im ersten Schritt eine gute Dämmung des Gebäudes. Erst dann mache es Sinn, über Wärmekonzepte wie Photovoltaik oder Pumpen nachzudenken. Außerdem sei Energiesparen das A und O. Er kritisiert den bürokratischen Aufwand und die ständigen Änderungen der Vorgaben.

„So kann kein Mensch vernünftig planen“, sagt auch Celestino Piazza, Geschäftsführer der Vereinigten Gmünder Wohnungsbaugesellschaft. Er kritisiert, dass es kaum mehr Fördermittel gibt und zugleich die Anforderungen steigen. Es sei nicht so, dass man mal eben schnell ein bisschen Geld in die Hand nehme und eine neue Heizung einbaue. „Das kann sich kein Mensch mehr leisten“, schimpft er. Die Frage sei bei jedem Bauprojekt, wie viel energetische Sanierung Sinn macht. Wenn nachher Mieten aufgrund der Sanierung so teuer werden, dass diese keiner mehr bezahlen kann, sei das mit dem gesunden Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbar. Bilal Dincel von der gleichnamigen Projektbau-Firma kann sich die praktische Umsetzung nicht vorstellen. Wenn bei einem Mehrfamilienhaus beispielsweise der Gasbrenner eines Eigentümers kaputt geht, müsste dieser ab 2024 auf eine andere Heizart umsteigen - und alle Mit-Eigentümer des Hauses auch, deren Brenner aber noch völlig intakt seien. „Wie soll das gehen?“, fragt er und befürchtet ebenfalls steigende Mietpreise.

Mit ähnlichen Problemen schlagen sich die Verantwortlichen der Städte herum, wie Franka Zanek, Leiterin des Gmünder Amtes für nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung, erklärt. Weit über 90 Prozent der Heizungen in Gmünd würden mit fossilen Energieträgern betrieben. Die Stadtverwaltung überlege nun, welche Weichen sie stellen könne, beispielsweise Fern- und Nahwärmenetze ausbauen oder Quartiere mit eigenen Netzen ausstatten. Bisher nutze Gmünd nur fünf Prozent der Flächen für Photovoltaik. Auch hier sei noch „riesen Luft nach oben“.

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