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 Jerry Cotton trifft Effi Briest nicht mehr

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Von: Wolfgang Fischer

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Offene Bücherschränke wie der im Spitalhof (Bild) sind eine Möglichkeit, Bücher an weitere Leser zu vermitteln. Solche Schränke gibt es inzwischen in vielen Orten.
Offene Bücherschränke wie der im Spitalhof (Bild) sind eine Möglichkeit, Bücher an weitere Leser zu vermitteln. Solche Schränke gibt es inzwischen in vielen Orten. Foto: Tom © Tom

Die Stiftung Haus Lindenhof  hat  das Projekt "Bücherkiste" eingestellt. Wenig Möglichkeiten für Bücher-Liebhaber.

Schwäbisch Gmünd.  Gelesene Zeitungen oder Zeitschriften wandern in der Regel in die blaue Altpapiertonne. Anders ist das  bei Büchern.  Viele Besitzer messen Büchern, auch Taschenbüchern, einen  emotional höheren Wert  zu und scheuen sich, sie  einfach zu entsorgen.  Deshalb reihen sich in vielen Wohnungen mit der Zeit Bücherschränke aneinander. Doch auch deren Kapazität ist irgendwann ausgeschöpft. Eine Möglichkeit, Bücher dann noch sinnvoll zu verwerten, war bisher die Bücherkiste der Stiftung Haus Lindenhof. Die wurden dann von Menschen mit Behinderung im Wert eingestuft und  von der Stiftung online über die Handelsplattform Amazon zum Verkauf angeboten.  Doch nun hat die Stiftung dieses Angebot, das von Bücherfreunden gerne genutzt wurde, eingestellt. 

Mehrere Gründe

"Es gab mehrere Gründe, warum wir das Projekt nicht mehr weitergeführt haben", sagt die Pressesprecherin der Stiftung Haus Lindenhof, Katharina Stumpf, auf Anfrage. Hauptsächlich  habe es  umfangreiche formal-organisatorische Gründe dafür gegeben, die Zusammenarbeit mit Amazon  zu beenden. Darüber hinaus  hätten die  Beschäftigten das Angebot  dieser Tätigkeit nicht mehr genutzt. "In diesem Zuge ist es natürlich für all jene – seien es Mitarbeitende oder Menschen aus der Umgebung – schade, die ihre Bücher bisher bei uns abgegeben haben und dies künftig nicht mehr tun können", zeigt Stumpf Verständnis für die Enttäuschung vieler bisheriger Nutzer.

Für diese Nutzer war es sehr einfach, ihren Büchern zumindest die Möglichkeit  auf weitere Leser zu verschaffen. Der Name "Bücherkiste" beschrieb den Ansatz des Projekts sehr treffend: Die Stiftung hatte an mehreren ihrer Werkstätten  gut zugänglich Behälter aufgestellt, in denen normalerweise Streugut  an den Straßen bereitgestellt wird. Dort konnten Interessierte ihre Bücher ablegen. In den Containern sammelte sich dann klassische Literatur  wie Fontanes "Effi Briest" neben Jerry-Cotton-Krimis, Karl May lag bei Kochbüchern und frühere Schulbücher fanden sich bei Reiseführern. Erfasst wurden all diese Werke schließlich  in der Vinzenz-von-Paul-Werkstatt in Bettringen.  Dort, so die Pressesprecherin,  Zudem mussten  Lagerflächen neu strukturiert werden und so  habe  schlicht der Platz für die Verwaltung und Bearbeitung der „Bücherkiste“ gefehlt. Ein Nachfolgeprojekt  sei nicht angedacht, so Katharina Stumpf

Dabei hatte es  offenbar  nicht an  "Material-Nachschub" für diesen Online-Handel gefehlt: Zuletzt hatte Haus Lindenhof 8000 Bücher  bei Amazon zum Verkauf ausgeschrieben. Die werden nun an  eine andere Werkstatt für behinderte Menschen, die  noch im Büchergeschäft aktiv ist, übergeben,  sagt Katharina Stumpf. Für die Beschäftigten der Stiftung, die bisher im Buchhandel eingesetzt waren,  habe man nun andere Arbeitsmöglichkeiten geschaffen, zum Beispiel in der Bearbeitung von Aufträgen unterschiedlicher Hersteller. 

Das zweite Leben für Lesestoff

Bücher nach Gebrauch wegwerfen? Das bringen viele Lesefreunde nicht übers Herz.  Doch die sinnvolle Verwertung über die Stiftung Haus Lindenhof scheidet für sie nun aus. Als mögliche Alternative in der näheren Umgebung nennt Lindenhof-Pressesprecherin Katharina Stumpf  die Lebenshilfe in Göppingen, die weiterhin "Bücherkisten" anbiete.  Alternativen sind auch die offenen Bücherschränke, die es inzwischen in vielen Orten gibt. Einer steht zum Beispiel im Spitalhof. Dort kann man Bücher einstellen, aber auch bei Interesse Lesestoff  herausholen. Ein ähnliches Angebot gibt es beim Eingang zum Barnsley-Garten an der Grabenallee: In der dortigen englischen Telefonzelle, so der Zweck, kann man vor allem englischsprachige Bücher einstellen oder holen. 

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