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Kinobetreiber: „Ohne Gastro wäre es aus“

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Von: Bernd Müller

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Walter Deininger und Jana Thieme vor ihrem Brazil-Kino.
Walter Deininger und Jana Thieme vor ihrem Brazil-Kino. © tom

Alles wieder normal wie vor Corona? Schön wär’s, sagen Gmünds Kinobetreiber: 20 Prozent weniger verzeichnet der Traumpalast in diesem Jahr, im Programmkino Brazil ist der Rückgang doppelt so hoch.

Schwäbisch Gmünd. Das Brazil hat einen Preis gewonnen: Für sein „hochwertiges Jahresprogramm“ ist das Gmünder Programmkino vergangene Woche von der Medien- und Filmgesellschaft des Landes ausgezeichnet worden – zum wiederholten Mal. „Wir gehören zur Elite der baden-württembergischen Programmkinos“, sagt Walter Deininger, der das Brazil zusammen mit Jana Thiem betreibt. An der Kinokasse zahlt sich der Erfolg derzeit nicht aus: „Es sind zwischen 40 und 50 Prozent weniger Besucher als in Vor-Corona-Zeiten. Normalerweise ist das der wirtschaftliche Knockout.“ Das Brazil überlebt nur, weil es in der dazugehörenden Kneipe ein zweites Standbein hat: „Ohne Gastro wäre es aus“, sagt Jana Thiem.

Im Traumpalast, dem großen Gmünder Kino mit zehn Sälen, sind die Geschäftszahlen besser. Aber auch dort hat Betreiber Heinz Lochmann bisher nicht das Niveau von 2019 erreichen können: „Es sind rund 20 Prozent weniger“, sagt er, und dennoch sei er „zufrieden“. Angesichts einer Krise nach der anderen müsse man „im Moment eben mit weniger zufrieden sein“.

Dass die Geschäftszahlen im Brazil stärker eingebrochen sind, entspricht dem bundesweiten Trend: „Die normalen Kinos halten sich besser, weil Blockbuster und Kinderfilme noch gut laufen“, erzählt Walter Deininger. „Bei den Arthouse-Kinos ist der Einbruch durchweg größer.“ In anderen Bundesländern aber sei die Lage teilweise noch schlechter. „Baden-Württemberg hat noch eine funktionierende Kinokultur.“

Trotzdem bleibt das Problem: „Wir haben ein tendenziell älteres Publikum, und die Leute sind wegen der Pandemie immer noch vorsichtiger.“ Auch Heinz Lochmann glaubt, dass in seinem Traumpalast nach wie vor fünfzehn bis zwanzig Prozent der Kinogänger aus Corona-Vorsicht wegbleiben.

Die nächste Bedrohung der Kinos heißt: Energiekosten. „Uns trifft es wie alle“, sagt Lochmann. „Das droht uns aufzufressen“, fürchtet Deininger. Doch eine deutliche Temperaturabsenkung wie etwa in Sporthallen sei keine Option, findet Heinz Lochmann. Ein Grad weniger sie vielleicht drin, aber „die Leute wollen sich ja wohlfühlen im Kino“. Er versuche dennoch im Traumpalast zehn Prozent Energie einzusparen.

Was die Kinos mit am Leben hält, ist die Mentalität ihrer Betreiber. Heinz Lochmann, das merkt man im Gespräch, ist nicht nur Geschäftsmann, sondern auch durch und durch Kinomann: überzeugt von seinem Produkt und davon, dass das Kinoerlebnis etwas Besonderes ist.

Deininger sieht es genauso, und er fühlt sich auch heute noch immer wieder von Zuschauerreaktionen bestätigt. Aktuell zeigt das Brazil einen Film, auch wenn den ein bedrohlicher Streaming-Konkurrent der Kinos gemacht hat: die Netflix-Produktion „Im Westen nichts Neues“. „Die Leute, die aus dem Film rauskommen, merken den Unterschied: dass es Dinge gibt, die auf einem normalen Bildschirm untergehen.“

Ermutigend ist für Jana Thieme der Trend, „dass die Zahlen wieder nach oben gehen“. Es steckt aber auch Arbeit drin. Früher genügte es, ein attraktives Programm zu machen. Aber jetzt braucht es immer wieder Aktionen und Kooperationen, um nach der langen Corona-Pause das Kino wieder ins Bewusstsein der Leute zu bringen. Heinz Lochmann etwa hatte die Gmünder Feuerwehr in seinem Kino zu Gast, im Brazil gab es dieses Jahr Sondervorstellungen für den Musikverein Bettringen. Auch mit Altersgenossenvereinen, die ihre eigenen Filme vom Fest machen lassen, gibt es Projekte, erzählt Jana Thieme. Die Kinos kämpfen – aber sie kämpfen weiter. „Das Kino ist schon oft totgesagt worden“, sagt Walter Deininger, „schon als das Fernsehen eingeführt wurde.“

Kinopreis: Das Gmünder Brazil und seine beiden Betreiber Walter Deininger und Jana Thieme (Dritter und Vierte v.l.) gehören zu den Ausgezeichneten durch die MFG Filmförderung Baden-Württemberg.
Kinopreis: Das Gmünder Brazil und seine beiden Betreiber Walter Deininger und Jana Thieme (Dritter und Vierte v.l.) gehören zu den Ausgezeichneten durch die MFG Filmförderung Baden-Württemberg. © MFG / Markus Burkhardt,Stuttgart
Heinz Lochmann in seinem Traumpalast-Kino.
Heinz Lochmann in seinem Traumpalast-Kino. © Tom

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