1. Startseite
  2. Ostalb
  3. Schwäbisch Gmünd

Kunst-Netz-Neider liegt voll und ganz daneben

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Kuno Staudenmaier

Kommentare

So sehen Künstler aus aller Welt den „Stand der Dinge“: im Bild Vernissagenredner Stanislaus Müller-Härlin (2.v.l.) im Gespräch mit Prof. Dr. Klaus Ripper, dem Vorsitzenden des Gmünder Kunstvereins.
So sehen Künstler aus aller Welt den „Stand der Dinge“: im Bild Vernissagenredner Stanislaus Müller-Härlin (2.v.l.) im Gespräch mit Prof. Dr. Klaus Ripper, dem Vorsitzenden des Gmünder Kunstvereins. Foto: kust © Staudenmaier, Kuno

Der Gmünder Kunstverein zeigt in der Galerie im Kornhaus „Der Stand der Dinge“. Neues Format und viele Besucher.

Schwäbisch Gmünd. „Ich wünsche euch den maximalen Misserfolg“, sagt ein Instagram-Nutzer zur neuen Ausstellung des Gmünder Kunstvereins „Der Stand der Dinge“. So etwas kommt vor, wenn man die Galerie für weltweite Teilnahme öffnet. Der Eröffnungsabend wird aber zur Klatsche für den Kommentierenden. Ein maximaler Erfolg, der den Initiator und Vernissagenredner Stanislaus Müller-Härlin freut: So viele Besucherinnen und Besucher hat der Kunstverein lange nicht mehr gesehen.

Das Konzept begeistert nicht nur vor Ort, findet zuvor auf Instagram viele Interessierte. Künstlerinnen und Künstler in Schwäbisch Gmünd, in Deutschland, aber auch in den USA, England, Kanada, im Iran oder in Kolumbien reagieren. Sie beteiligen sich mit einer Einsendung zur Ausstellung „The State of The World“, wie das Projekt offiziell ausgeschrieben wurde. „Die Antworten sind politisch, sozial, philosophisch oder auch ökonomisch“, sagt Stanislaus Müller-Härlin. Realisiert in analoger Drucktechnik, versandt über digitale Medien und für die Ausstellung analog aufbereitet. Sprich ausgedruckt, ausgeschnitten und so ganz von Hand an die Wand gebracht. Werke von 60 Künstlerinnen und Künstlern sind schon zu sehen, doch die Galerie hat noch weiße Flecken. Weitere 40 Bilder sind nach Worten des Kunstvereins-Vorstandsmitglieds kurz vor der Ausstellungseröffnung eingegangen und werden die Präsentation in den nächsten Tagen bereichern. Spannend, was dann noch kommt: „Einsendungen sind bis 15. März möglich“, so Stanislaus Müller-Härlin.

Neue Ausstellungskonzepte erfordern auch neue Überlegungen zur Präsentation. „Wir folgen hier nicht den musealen Gewohnheiten, jedes Bild mit Name und Titel zu versehen“, sagt er weiter. Kunstinteressierte sollten nicht zuerst mit Eindrücken von außen konfrontiert werden, sondern sich mit dem Bild beschäftigen. Vielleicht auch mit der Frage, warum gerade diese Werke nebeneinander hängen. Der schwarze Schriftzug „Demokratie“ auf wackeligen Beinen vor monochromem Blau neben einem bunten Werk vielleicht einer Mischung aus Stadt und Dschungel. In guter Nachbarschaft zu einem Bild mit schemenhaft angedeuteten Figuren am Rand eines kleinen schwarzweißen Holzschnitts, zerknittert, als sei es aus Versehen im Papierkorb gelandet. Ein Künstler spielt mit dem Ausdruck „Fünf vor Zwölf“ und zeigt eine Uhr auf dem Raumschiff. Beim Druck wird das Bild gespiegelt und es sieht ganz nach „Fünf nach Zwölf“ aus. Das Werk „Bubble Boy“ will an die Fragilität von Zeit und Leben erinnern. „In jeder Sekunde kann etwas passieren, woran wir nicht gedacht haben“, sagt der Küntler. Die Namen spielen erst einmal keine Rolle. Wer sich dennoch dafür interessiert, findet eine Erklärwand in der Galerie. Alle Arbeiten sind im Kleinformat abgebildet, ergänzt durch Aussagen der Künstler zu ihren Werken. Eine Ausstellung, die die ganze Aufmerksamkeit erfordert. Auch wegen der so unterschiedlichen Themenbereiche. Beim „Stand der Dinge“ geht es für die Einen um Krieg oder Frieden, für die Anderen um Heimat, Körperlichkeit, um ganz private Einblicke oder Lebensentwürfe.

Die Ausstellung ist auch Experiment, will ausbalancieren, wie Analog und Digital zusammenspielen können. Und wie das Publikum darauf reagiert. Der Instagram-Nutzer mit dem unflätigen Wunsch bleibt dabei der einsame Rufer in der Wüste. Das (auch junge) Publikum am Eröffnungsabend hebt die Daumen nach oben. Kuno Staudenmaier

Auch interessant

Kommentare