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Der Obdachlose in Gmünd, der gar keiner war

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Von: Bernd Müller

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Der zuletzt verlassene Schlaf- und Lagerplatz in der Bahn-Unterführung bei Gotteszell.
Der zuletzt verlassene Schlaf- und Lagerplatz in der Bahn-Unterführung bei Gotteszell. © Müller, Bernd

Ein Mann campiert zwei Wochen lang in einer Gmünder Unterführung – eine Unterkunft von der Stadt hat er abgelehnt. Jetzt ist er verschwunden.

Schwäbisch Gmünd

Wie geht man mit einem Menschen um, der offenbar beschlossen hat, in einer Gmünder Unterführung zu leben? Für Mitarbeiter des Gmünder Amts für Familie und Soziales ist es Teil des Jobs, sich diese Frage zu stellen. „Wir haben ihm einen Platz in St. Elisabeth angeboten, aber da wollte er nicht hin“, sagt Stadtsprecherin Ute Meinke.

Der dem Augenschein nach obdachlose Mann mittleren Alters hatte sein Lager in der Bahn-Unterführung bei Gotteszell aufgeschlagen. Eine dünne, verdreckte Matratze liegt dort in einer Ecke am Rande des Fußgängerwegs, ein brauner Schlafsack, daneben einige Plastik- und Papiertüten, auf dem Boden leere und halbvolle Plastikflaschen.

Kann man, muss man da nicht helfen? Sehr viel mehr als dem Mann eine Unterkunft anbieten, könne die Sozialbehörde nicht tun. „Man darf sich da aufhalten“, sagt Stadtsprecherin Meinke. Gegen seinen Willen dürfe man auch in der Situation einen Menschen nicht woanders hinbringen. „Wenn jemand auf einer Bank schlafen will, darf er das. Da ist jeder sein eigener Herr.“

Irritierend ist, dass der Dauercamper aus der Unterführung offenbar gar kein Obdachloser im Wortsinn war: „Die Polizei ist vor Ort gewesen, er ist namentlich bekannt. Und wir wissen, dass er auch einen Wohnsitz hat in Eislingen.“ Weshalb er nach Gmünd gekommen ist, um dort seine Tage und Nächte im Blickfeld von Passanten und neben durchfahrenden Autos zu verbringen, das haben ihre Kollegen nicht in Erfahrung bringen können, sagt Meinke. „Wir haben einen Streetworker im Amt, der hat dann immer wieder nach ihm geschaut und auch Essen und Trinken gebracht.“

Man hoffe bei der Stadt, dass der Mann in seine Wohnung zurückgehe. „Wir sind guter Dinge, dass er sich besinnt bei den sinkenden Temperaturen“, so Meinke.

Das scheint nun tatsächlich passiert zu sein: Zuletzt war der Schlaf- und Lagerplatz verlassen. Wohin der Mann gegangen ist, dazu hatte Stadtsprecherin Meinke am Freitag keine aktuellen Erkenntnisse.

Matratze und Schlafsack liegen noch dort, auch die Einkaufstaschen, daneben eine Papiertüte mit Plastikfenster, darin zwei Laugenbrezeln. An der Wand steht eine Halbliter-Colaflasche, fast ganz voll.

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