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Genug Fachkräfte im Gmünder Hospiz, zu wenig in den Heimen

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Von: Julia Müller

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Pflegefachkraft Nicole Bauer mit einem Gast im Klosterhospiz.
Pflegefachkraft Nicole Bauer mit einem Gast im Klosterhospiz. © Hartmut Hientzsch

Warum sich die Leitung des Gmünder Hospiz die Fachkräfte aussuchen kann, während in Pflegeheimen Mitarbeiter fehlen.

Schwäbisch Gmünd

Weil Fachkräfte fehlen, ist das stationäre Hospiz St. Martin in Stuttgart-Degerloch derzeit geschlossen. Die Menschen, die dort die letzten Tage ihres Lebens verbringen sollten, sind in andere Einrichtungen verlegt worden. Wie sieht es im Gmünder Klosterhospiz aus, das im September 2021 eröffnet hat? „Wir haben wahnsinnig viele Initiativbewerbungen“, berichtet Pflegedienstleiterin Daniela Kley. Die Bewerbungen füllen in ihrem Büro gar „einen ganzen Leitz-Ordner“. Sobald eine Stelle im Klosterhospiz frei wird, zieht sie die Bewerbungen wieder heraus, um Kandidaten einzuladen.

Derzeit arbeiten auf rund 14 Vollzeitstellen 21 Mitarbeitende im Klosterhospiz in der Bergstraße, 17 von ihnen in der Pflege, vier in der Hauswirtschaft, zählt Einrichtungsleiterin Magdalene Goldbach auf. Des Weiteren gebe es vier Mitarbeitende im Leitungsteam sowie eine Mitarbeiterin in der Verwaltung. Seit 1. Juli ist das Team komplett, die acht Zimmer im Hospiz sind seit Januar voll belegt. Auf der Warteliste stehen aktuell zwei Menschen, die akut einen Platz suchen, es waren aber auch schon zehn Leute darauf, berichtet Magdalene Goldbach.

124 Gäste, wie die Mitarbeiter die Bewohner nennen, haben in der Einrichtung mittlerweile ihre letzten Tage verbracht. Dort geht es nicht mehr darum, Krankheiten zu heilen, sondern vielmehr darum, Schmerzen zu lindern, Lebensqualität zu fördern und auf die Wünsche der Gäste einzugehen.

„Wir haben mehr Personal und weniger Strukturen“ im Vergleich zu Pflegeheimen, sagt Magdalene Goldbach. Strukturen geben Sicherheit, im Hospiz gebe es dafür mehr Freiheit. Damit erklärt sie, weshalb einige Pflegekräfte die Arbeit im Hospiz jener im Pflegeheim vorziehen. Wobei beides Vor- und Nachteile habe. Täglich mit Sterbenden umzugehen, das ist nicht für alle etwas, weiß sie. Jeder habe seine ganz eigene Motivation, im Hospiz zu arbeiten. Sie selbst sei auf der Intensivstation tätig gewesen, erzählt die 30-Jährige, die Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft studiert hat. Dort sei alles auf Lebenserhalt ausgelegt. Doch sie habe stets beschäftigt, was Sterbende brauchen und auch die Hinterbliebenen, die mit dem Verlust leben müssen.

„Wir gestalten den Tag flexibel nach den Bedürfnissen der Gäste“, sagt Magdalene Goldbach. Das beginne damit, dass diese morgens so lange schlafen, wie sie möchten. Im Pflegeheim funktioniere dies aufgrund der Personalausstattung nicht. Dort sei die Frühstückszeit häufig vorgegeben, zu der die Senioren gewaschen und angezogen sein müssen, weil es organisatorisch anders nicht möglich sei. „Wir schauen hingegen jeden Morgen: Was ist heute wichtig?“, erzählt die Hospizleiterin. Wollen die Gäste einen Spaziergang machen? Oder einen Ausflug? Wer sitzt am Tisch im Gemeinschaftsraum?

Eingebunden in den Alltag im Klosterhospiz sind 29 Ehrenamtliche. Sie besorgen Geburtstagsgeschenke, begleiten die Gäste bei Ausflügen, sind für sie da. Im Früh- und im Spätdienst und manchmal auch nachts, wenn die Gäste unruhig sind und nicht alleine sein wollen. Diesen Januar startet ein neuer Kurs, der 16 Menschen darauf vorbereitet, im Hospiz mitzuhelfen. Damit sind insgesamt 45 Ehrenamtliche dort tätig. Gemeinsam mit den Hauptamtlichen sei dies eine „super Grundlage“ für die Arbeit im Hospiz, sagt Magdalene Goldbach. „Und dafür sind wir sehr dankbar.“

Viele Pflegekräfte wollen im Klosterhospiz arbeiten

Ein Leitz-Ordner voll Initiativbewerbungen? Davon können Personalverantwortliche von Pflegeheimen nur träumen. „Der Fachkräftemangel ist sehr deutlich in der Pflege zu spüren“, erklärt Isolde Otto-Langer, Regionalleiterin der Vinzenz von PaulgGmbH, die im Gmünder Raum unter anderem das Seniorenzentrum St. Anna und das Haus Riedäcker betreibt. Es seien alle Plätze belegt und die Versorgung der Bewohner und Patienten sei sichergestellt. Doch „perspektivisch wissen wir nicht, wie lange wir diesen Zustand halten können“, erklärt sie. Durch Corona-Maßnahmen wie die Impf- und die Maskenpflicht und durch Coronaausfälle sowie die Grippewelle seien die Mitarbeiter erschöpft. „Notwendige geplante Urlaube und der Abbau von Überstunden tragen zu keiner Entspannung der Situation bei“, berichtet sie. Derzeit seien im Gmünder Raum bei der Vinzenzvon Paul gGmbH rund 350 Mitarbeiter in Pflege und und Hauswirtschaft beschäftigt. Etwa mit Stellenanzeigen und bei Jobbörsensollen neue Mitarbeiter gewonnen werden. Das Wichtigste dabei sei, selbst auszubilden. Derzeit habe die Vinzenz vonPaul gGmbH 38 Auszubildende im Raum Gmünd.

Bei der Stiftung Haus Lindenhof arbeiten 245 Pflegekräfte in der Altenhilfe im Gmünder Raum, berichtet Pressesprecherin Katharina Stumpf. In den Altenhilfeeinrichtungen seien einige Stellen unbesetzt. Doch „aktuell sind unsere Pflegeheime nicht von Schließungen bedroht“, erklärt sie. Die Nachfrage nach Pflegeheimplätzen sei sehr hoch. Die Stiftung Haus Lindenhof werde nach und nach offene Pflegeplätze belegen, immer unter der Berücksichtigung der aktuellen Personallage, die noch stabilsei. Das massive Personalproblem habe sich während der Corona-Pandemie deutlich verschärft. „Daher fordern wir, ähnlich zum Klinikbereich, eine deutliche Abkehr von ökonomischen Zwängen hin zur Finanzierung von inhaltlicher Arbeit“, erklärt sie. Zudem hoffe die Stiftung, dass durch den Wegfall der einrichtungsbezogenen Impfpflicht seit 1. Januar wieder mehr Pflegefachkräfte zurück in den Beruf kommen. Wie einige weitere Pflegeeinrichtungen beschäftige die Stiftung in manchen Einrichtungen Pflegekräfte über Zeitarbeitsfirmen. Die aktuelle Entwicklung des Personalleasings in der Pflegebranche sei ein großes Problem. „Personalleasing muss reglementiert werden“, fordert sie von der Politik. Bei der Mitarbeitergewinnung setze die Stiftung auf mehrere Kanäle. Durch die Mitgliedschaft im Caritasverband liege die Bezahlung weit über dem Durchschnitt. Eine Pflegefachkraft in Vollzeit mit zehn Jahren Berufserfahrung verdiene inklusive Zulagen beinahe 4100 Euro brutto.  jul

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