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Religiöse Wurzel im Zentrum

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Von: Birgit Markert

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Hochamt Münster
Hochamt Münster © Tom

Warum Gmünds Dekan Robert Kloker Weihnachten als Fest für den Fehler im System deutet.

Schwäbisch Gmünd

Der Abglanz des Himmels – am ersten Weihnachtsfeiertag im Gmünder Heilig-Kreuz-Münster war er greifbar, so festlich erklang die Orchestermesse von der Empore, und im Chor deutete der feierlich geschmückte Altar auf das Hochfest der Geburt Jesu Christi hin. Als sich zu diesem Bild und dem furiosen Orgelspiel von Kirchenmusikdirektor Stephan Beck noch der Weihrauch hinzugesellte, den die Ministranten bei ihrem Einzug in der Kirche verströmten, war die Stimmung perfekt. 

Dekan Robert Kloker ging aus einem weiteren Grund am Sonntag das Herz auf: Nach zwei Coronajahren war die Kirche wieder voll, und es konnte im Normalzustand gefeiert werden. Doch „was ist normal?“, stellte Kloker diese Feststellung sogleich wieder in Frage, um mit dem Theologen Karl Rahner fortzufahren: „Es wird alles zur Illusion, wenn wir nicht mehr das eine Kind feiern.“ Auf Weihnachten bezogen bedeutet dies, die religiöse Wurzel und die Botschaft des Friedensfürsten in den Mittelpunkt zu stellen.  

Kein leichtes Unterfangen angesichts der derzeitigen Krisen, auf die Kloker einging: völkerrechtliche Verträge werden gebrochen, völkische Rhetorik und Verschwörungserzählungen machen sich breit, und einzelne Politiker postulieren alternative Fakten. Kurzum: „Die Lauten bestimmen den Diskurs.“ Ein ähnlich desolates Bild beim Umwelt- und Tierschutz, wo man schnell zu dem Schluss kommen kann, dass nichts mehr heilig ist. Von fairen Herstellungsbedingungen ganz zu schweigen. Kloker schloss daraus: „Wir haben das Maß verloren, was wir wirklich zum Leben brauchen. Und wir haben die Referenz verloren, was Leben und Sterben angeht.“ 

Wie in diese allgemeine Lage Weihnachten und die Botschaft der Engel einordnen? Die sagen: „Fürchtet euch nicht, jetzt wird alles gut.“ Schaue man in die Geschichte, dann dränge sich die Frage auf, wo dieser Friede und dieses Licht denn sein sollen? Die Geburt Jesu im ärmlichen Stall mit Eltern, „die durch äußere Umstände, durch Repressionen und Binnenflucht in die Obdachlosigkeit gerutscht sind“ deutete der Dekan denn auch als ein „Fest für den Fehler im System“. Die Krippe lehre, dass kein Mensch Anspruch auf Glück und Verschonung vom Tod hat. „Auch der Anspruch auf eine gute Work-Life-Balance, Urlaub und Konsumgüter lässt sich nicht an der Krippe ablesen.“ 

Gelungenes Leben klinge anders: Dass wir Trost spüren dürfen und dass wir uns nicht ständig selbst optimieren müssen. Weihnachten deutete der Theologe als ein Fest, das über uns hinausweist: „Wir verbinden uns mit all denen, mit denen wir heute feiern.“ Der Halt und Trost liege darin, dass Gott die Referenzlinie nicht verschoben hat wie wir. Er bekenne sich zu den Menschen, ihren Grenzen und Unzulänglichkeiten. Ins Heute übertragen laute die Botschaft: „Fürchtet euch nicht. Ihr seid nicht zu wenig, zu klein, zu unbedeutend, zu arm oder gar zu dumm. Was immer ihr seid: Es reicht.“ Überaus feierlich umrahmt wurde der Gottesdienst unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Stephan Beck mit der „Jubelmesse“ in G-Dur von Carl Maria von Weber und dem Satz „Die Hirten“ von Josef Gabriel Rheinberger sowie dem Bach-Choral „Ach, mein herzliebes Jesulein“. Neben Münsterchor und -orchester wirkten als Solisten Patricia Vogel, Susanne Wiker, Dominik Tobias, Thomas Scharr und Miriam Burkhardt. Ihnen galt am Ende der Dank und Applaus ebenso wie den 17 Ministranten, den liturgischen Diensten und der Mesnerin Eva Ahlf.

Hochamt Münster
Hochamt Münster © Tom
Hochamt Münster
Hochamt Münster © Tom

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