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Wenn der Koch krank ist, sieht’s schnell düster aus

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Von: Bernd Müller

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Freundliches Personal, zufriedene Gäste. Für Gastronomen immer wieder eine Herausforderung, diese Gleichung zu schaffen. Im Bild Sandy Maile mit Gast im "Paradies".
Freundliches Personal, zufriedene Gäste. Für Gastronomen immer wieder eine Herausforderung, diese Gleichung zu schaffen. Im Bild Sandy Maile mit Gast im "Paradies". © Tom

Reduziertes Angebot, eine gesuchte Berufsgruppe und Joint Ventures mit Vietnam. Wie Gmünder Gastronomen mit dem Mangel an Fachkräften klarkommen.

Schwäbisch Gmünd

Schauplatz Schwäbisch Gmünd, in verschiedenen Lokalen in den letzten Monaten: „Wir schließen heute früher wegen Personalmangel“, heißt es in einem Café. Erlebnis in einem anderen Restaurant: Ein Teil der Karte ist gestrichen an Samstagen. Oder: Das Wetter ist sonnig und relativ warm, aber eine Handvoll der Tische bleibt weggeschlossen, obwohl Gäste gern Platz nehmen würden.

Wie angespannt ist die Lage in der Gmünder Gastro-Landschaft? Nachgefragt bei Gmünder Gastronomen, die nichts mit den genannten Beispielen zu tun haben – aber das allgemeine Bild kennen und gut beschreiben können.

„Ich verstehe Kollegen, wenn sie mal die Karte reduzieren oder eher zu machen“, sagt Johannes Barth, der Chef des Restaurant Paradies in Gmünd und Gastronomie-Vorsitzender der Dehoga Ostalbkreis. Wenn ein Koch krank wird, sieht es schnell düster aus – Koch ist ein Beruf mit der Überschrift: Fachkräftemangel. „Suchen Sie einen Koch in Gmünd – Sie finden keinen“, sagt Sridevan Sriskandarajah, dessen GS Gastronomie mehrere Lokale in Gmünd betreibt.

Im Servicebereich habe es bisschen Entspannung gegeben in der Nach-Corona-Zeit, erzählt Barth. „Es gibt wieder junge Leute, die ein bisschen arbeiten und etwas verdienen wollen.“ Sobald‘s um Fachkräfte geht, wird es auch da eng: „Aushilfen, die noch nie ein Tablett getragen haben, findet man“, sagt Ferdinando Ciancimino, der Chef des Restaurants Passione é Gusto. Aber für echte Servicefachkräfte, die ihn auch im Restaurant vertreten können, gelte im Grunde dasselbe wie für Köche.

Suche im Ausland

Ein häufiger Lösungsansatz, um die Personalknappheit in den Küchen auszugleichen, ist der, den auch Ciancimino praktiziert: Er kocht selbst. „Ich bin Allrounder, aber das musst du heute sein“, sagt er. Eine andere Möglichkeit ist die Suche im Ausland. „Aber da muss man weit gehen: Italien und Spanien haben das gleiche Problem“, sagt Johannes Barth. „Manche Kollegen machen Joint Ventures mit Vietnam“, erzählt der Dehoga-Vorsitzende. Sridevan Sriskandarajah, der aus Sri Lanka stammt, hat schon drei Köche aus Indien nach Gmünd geholt. Mit guten Erfahrungen: „Ich habe lernwillige Leute gefunden, aber man muss sich auch um sie kümmern, da braucht es quasi Vollkaskoservice “ – zum Beispiel muss man nach Wohnraum schauen.

"Wir müssen uns auch ändern“

Ohne Mitarbeiterpflege geht’s nicht, die Leute „anständig bezahlen“ (Sriskandarajah) gehört natürlich auch dazu. Johannes Barth erzählt, wie sich Gastronomen ins Zeug legen müssen, wenn sie etwa bei Ausbildungsmessen um Nachwuchs werben. „Wir versuchen, das Gute am Beruf schmackhaft zu machen, den Teamgedanken in den Vordergrund stellen. Aber natürlich müssen wir uns auch ändern.“ Man müsse heutzutage auch sagen können: „Dann hast du mal am Sonntag frei“, so Barth.

Es läuft anders als früher, auch die Ansprüche der Kunden haben sich verändert, die Bewertungen im Internet spielen eine gewichtige Rolle. „Du bist heute gläsern“, sagt Sriskandarajah, „und die Mitarbeiter sind die Visitenkarte.“ Am Service Abstriche zu machen, das will sich Sriskandarajah nicht leisten. „Es ist nicht anders als im Einzelhandel: Du musst ein attraktives Angebot haben.“

Gefährliche Einschränkungen

Auch Ferdinando Ciancimino sieht Einschränkungen etwa bei den Öffnungs- oder Küchenzeiten als gefährlich an, weil Kunden das seiner Erfahrung nach genau registrieren. „Manchmal kommen Gäste um 21 Uhr und fragen: Gibt’s noch was zu essen?“ Offenbar, weil das nicht mehr als selbstverständlich gelte. Bei ihm laute die Antwort: Ja, bis 22.30 Uhr. Und wenn am Montag viele Lokale nicht aufmachten, dann wirke sich das auf die Erwartungen der Leute und auf ihr Ausgehverhalten aus. Dann versuche erst kaum mehr jemand, an dem Tag  essen zu gehen. 

Im Spagat zwischen knappem Personal und den heutigen Ansprüchen der Kunden hilft manchmal nur das klassische Konzept der Gastro-Brache: viel persönlicher Einsatz. Ciancimino kommt auf 10- bis 12-Stunden-Tage, wenn es bei Sriskandarajah mal eng wird, gilt: „Dann hilft die Familie mit.“

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