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Wie die Frage nach Herkunft nicht zur Belastung wird

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Von: Michael Länge

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Die Gmünderin Dilek Güngör erarbeitet beim Workshop „Schule ohne Rassismus“ mit Schülern des Scheffold-Gymnasiums Texte.

Schwäbisch Gmünd

Das Thema heißt: Herkunft. Die Schüler sollen sich in Paaren gegenseitig fragen, woher sie kommen. Woher kommst Du? Aus dem Universum. Von der Erde. Aus Europa. Aus Deutschland. Aus Baden-Württemberg. Aus Gmünd. Aus der Schule. Aus dem Raum 214. Aus mir selber. Sie sind vielfältig, die Antworten der zehn Mädchen und vier Jungs, Schülern des Scheffold-Gymnasiums, die sie Dilek Güngör geben, der in Berlin lebenden Schriftstellerin aus Straßdorf. Güngör ist an diesem Donnerstag in Gmünd. Die Patin des Projekts „Schule ohne Rassismus. Schule mit Courage“ spürt mit Schülern des Scheffold-Gymnasiums in einem dreistündigen Workshop dem Begriff „Herkunft“ nach. Manche Schüler belassen es nicht bei der einen, der Ausgangsfrage. Sie haken, unzufrieden mit der Antwort ihres Gegenübers, nach. Sie stellen, in anderen Worten, die Antwort in Zweifel: Woher kommst Du wirklich? Und erhalten wieder Antworten: Aus dem Universum. Von der Erde. Aus Europa. Aus Deutschland. Aus Baden-Württemberg. Aus Gmünd. Aus der Schule. Aus dem Raum 214. Aus mir selber. Bis es den Befragten zu dumm wird. Sie den Spieß umdrehen, fragen: Warum willst Du das wissen?

Mit diesem Frage-und-Antwort-Spiel will Güngör, die Verfasserin von unzähligen Zeitungskolumnen und inzwischen drei Romanen, die jungen Menschen für die ständig wiederkehrende Frage nach der Herkunft sensibilisieren. Sie ist auch ein Thema in ihren Büchern, insbesondere im zweiten Roman „Ich bin Özlem“. Er sei gut, dieser Blick von oben, der zu der befragten Person selbst führt, lobt die Autorin die Antworten der Schüler. Und sie ergänzt: Denn diese Frage, woher man komme, höre nie auf. Gleichzeitig stellt die in Gmünd geborene Autorin mit türkischen Wurzeln die Frage, ob man jemand besser kenne, wenn man wisse, woher die Person kommt.

Die Schüler reagieren. „Man kann dem nur ein Ende setzen, indem man sagt, man wolle nicht mehr antworten“, sagt Katharina. Vielleicht, sagt hingegen Ela, gehöre die Frage ja einfach zum Small Talk. Verbinde man jedoch eine Nationalität beispielsweise mit einer Prügelei, dann beginne das „Schubladendenken“. Antwortet eine nach ihrer Herkunft befragte Person mit den Worten „aus Deutschland“, impliziere das Wort „wirklich“ in der Wiederholung der Frage, dass die befragte Person nicht aus Deutschland komme, sagt Madlen. Sie selbst frage das nie, höchstens, wenn sie jemanden kenne. Sie frage dies schon, sagt hingegen Ela. Denn habe jemand türkische Wurzeln, könne sie eine Ähnlichkeit, Verbundenheit, Sympathie spüren. Sie frage nicht so richtig, es ergebe sich auch einfach mal so, sagt Lorena.

„Wir wollen's wissen“, sagt dazu Güngör. Für andere jedoch sei die Frage manchmal zu penetrant. Deshalb müssten wir wachsam sein, uns auch mal einen Schritt zurücknehmen.

Schulleiter Bernd Gockel hat Güngör und den Schülern eine Weile zugehört. Er dankt den Schülern für ihren Mut, auch für die Bereitschaft, Texte zum Thema zu verfassen, die auf der Website der Schüler und, so die Schüler dies wollen, in der Gmünder Tagespost erscheinen. Die Schüler beschließen diesen ersten von drei Workshops mit einer Einschätzung: Neue Einblicke in das Thema Herkunft habe er erhalten, sagt Noel. Und wie Vorurteile entstehen. Dies sei ein tolles Projekt, sagt Rayan, die Schüler hätten viel voneinander gelernt. Einen „neuen Blick auf das Thema Herkunft“ habe sie erhalten, sagt Madlen. „Wie präsent Vorurteile in den Köpfen der Menschen sind“, das hat Ela aus dem Workshop mitgenommen. Lorena spricht noch ein ganz anderes Thema an. Zum einen habe ihr der Workshop viel Spaß gemacht, zum anderen habe sie von der Schriftstellerin Güngör Tipps fürs Schreiben bekommen. „Total zufrieden“ ist die Gmünder Autorin aus Berlin mit diesen Antworten. Sie wird im Frühjahr wiederkommen, um mit den Schülern über Identität und Zugehörigkeit zu reden.

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