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Warum will jemand Kirschbäume umbringen?

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Verbandswechsel an einem der beschädigten Bäume in Bargau.
Verbandswechsel an einem der beschädigten Bäume in Bargau. © Tom

Sieben Zierkirschen in der neuen Bargauer Ortsmitte werden angesägt und scheinen kaum eine Überlebenschance zu haben – oder doch?

Schwäbisch Gmünd. Die zehn Zierkirschen waren als zentrales Element für die Neugestaltung des Platzes vor dem Bargauer Bezirksamt gedacht – doch einer oder mehrere Unbekannte haben sieben der zehn Bäume offenbar gezielt angesägt. Es war kein schlechter Maischerz, die Tat passierte Tage nach dem 1. Mai. Der zuständige Mitarbeiter der Stadtverwaltung entdeckte das Zerstörungswerk: Sieben der zehn Bäume, die dort gepflanzt worden waren, sind von der Aktion getroffen. Die verschonten Bäume stehen am Rand des Platzes.

Der oder die Täter scheinen zielgerichtet vorgegangen zu sein und haben nach Ansicht der Fachleute offenbar eine Ahnung von Bäumen. Alle Schnitte setzen direkt oberhalb des Stammschutzes an. Jeder Stamm ist rundherum in einer Tiefe von acht bis zehn Millimetern eingesägt. „Für einen jungen Baum ist das fatal“, sagt Zeno Bouillon, der Chef des Garten- und Friedhofsamts danach. Er geht zunächst nicht davon aus, dass die Zierkirschen überleben. Man werde die Bäume eventuell bis über den Sommer beobachten, aber dann würden die Folgen voraussichtlich deutlich zu sehen sein: Mit seinen Schnitten habe der Täter wichtige Versorgungsleitungen zerstört.

Bouillon fürchtet, dass die angesägten Bäume im Herbst zur Pflanzzeit gegen neue ausgetauscht werden müssen. Er schätzt, dass inklusive der Arbeitskosten ein Sachschaden von etwa 1000 Euro pro Baum entstanden ist. Die Stadtverwaltung hat auch Anzeige bei der Polizei erstattet. 

Doch dann gibt es eine Idee, es hört sich an wie Chirurgie: Mit einer Transplantation möchte Stefan Schnaible die sieben Zierkirschbäume vor dem Bargauer Bezirksamt doch noch retten. Schnaible, für Baumpflege zuständiger Abteilungsleiter beim Baubetriebsamt, schätzt die Chancen für die gefrevelten Bäume auf 50 zu 50. Er hat das Vorgehen mit Zeno Bouillon abgesprochen.

Das Verfahren ähnelt ein wenig dem bei der Veredelung von Bäumen. Und es hat Parallelen zu einer Hauttransplantation beim Menschen. So hat er zunächst bereits abgestorbenes Gewebe entfernt an den Stellen, an denen der Unbekannte rund um die Stämme gesägt hatte.

Stefan Schnaible hat von einem der geschädigten Bäume ein größeres Rindenstück abgenommen und damit passgenau die Stücke geformt, die er in die Wunden der anderen Bäume setzte. Die Schnittstellen wurden mit einem speziellen Wundverschlussmittel versiegelt, das eine Verunreinigung zum Beispiel durch Pilze verhindern soll. Schnaibles Hoffnung ist, dass die eingesetzte Rinde die Schnittstellen verschließt und auch die Entsorgungsleitungen in der Rinde wieder komplettiert. „Es ist ein Versuch, bevor man sie fällt“, meint Schnaible, ist gleichzeitig aber vorsichtig optimistisch.

„Spender“ der transplantierten Rinde ist ein Baum, der in einer Wiesenfläche steht. Doch selbst diesen Baum hat Schnaible noch nicht aufgegeben: Er hat ihn mit einer Wundschutzfolie umwickelt, die bis zu einem Jahr draufbleibt und sich dann selbst auflöst. Schnaible wird seine „Patienten“ nun in engen Abständen besuchen und ihren Zustand begutachten. Zum Beispiel die Belaubung könne Hinweise darauf geben, ob die Wunden verheilen. Zudem müssten die Kronen „dezent“ zurückgeschnitten werden.

Nun, Ende des Jahres, gibt es eine gute Nachricht: Es sieht viel besser aus als zunächst erwartet, die Baumrettung könnte am Ende erfolgreich gewesen sein.

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