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Experimentierfeld Magerwiese

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Von: Anja Müller

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Viele Ideen auf engstem Raum: Ulrich Seidl (r.) und Ulrich Lang am Insektenhotel beim Sportgelände, ein Stück Benjeshecke demonstriert eine Idee für einen Zaun aus Totholz, im Waldsand davor nisten sich Insekten ein.
Viele Ideen auf engstem Raum: Ulrich Seidl (r.) und Ulrich Lang am Insektenhotel beim Sportgelände, ein Stück Benjeshecke demonstriert eine Idee für einen Zaun aus Totholz, im Waldsand davor nisten sich Insekten ein. © Müller, Anja

Der Verein Nachhaltige Zukunft Waldsteten baut ein Stück Gelände in ein Trockenbiotop um und probiert dabei einiges aus.

Waldstetten

Die Gäste kommen noch etwas zögerlich, aber es wird, sagt Ulrich Seidl und schaut dabei mit prüfendem Blick auf das Insektenhotel, das der Verein Nachhaltige Zukunft Waldstetten (NaZuWa) beim Sportplatz auf der Höhe in Waldstetten aufgestellt hat. Einige der in die Holzscheite gebohrten Löcher haben ihre neuen Bewohner bereits verschlossen, hier und da sieht man eine Wildbiene in einem Loch verschwinden. Abgesehen davon zeigt sich mittlerweile auf einem etwa 200 Quadratmeter großen Geländezwickel, was der Verein hier bezweckt: ein Trockenbiotop mit Blühblumenwiese zu entwickeln.

Das bedeutet keinesfalls, die Natur sich selbst zu überlassen. „Das wäre das Konzept des Urwalds“, sagt Ulrich Seidl, schnell wachsende Gräser würden dann dominieren. Eine Magerwiese soll sich stattdessen hier entwickeln und dazu haben ein gutes Dutzend Vereinsmitglieder im Herbst 2021 zunächst einmal die Grasdecke samt der nährstoffreichen Humusschicht abgetragen. „Das war Wüste und hat trostlos ausgesehen“, sagt Ulrich Seidl. Warum das so sein musste, bevor die Vereinsmitglieder im darauffolgenden Frühjahr Wildblumen ausgesät haben, erklärt Ulrich Lang, der sich zusammen mit Ulrich Seidl und Karl Krieg um das Biotop kümmert: Damit eine artenreiche, insektenfreundliche Magerwiese entstehe, müssen Sonne und Luft an den Boden gelangen können.

Mehr als ein Dreckhaufen

Jetzt erkennen Spaziergänger beim genaueren Hinsehen unterschiedlich bearbeitete Flächen. Die Wiese sei nun „ein Experimentierfeld“ mit dem Ziel, den Boden weiter abzumagern, sagt Ulrich Lang. Zum einen versuchen es die Männer mit dem Klappertopf, einer Schmarotzerpflanze, die Gräser in ihrer Nachbarschaft schwächt und dadurch anderen Blühpflanzen die Ansiedlung vereinfacht. Zum anderen testen sie, wie sich unterschiedliche Schnittzyklen auswirken und mähen einen Teil der Fläche dreimal, einen anderen zweimal. Der Vorteil: „Dann haben die Insekten durchgehend Blühpflanzen“, sagt Ulrich Lang. Unter anderem Ringelblume, Malve, Blutklee, Wilde Möhre und Kratzdistel hat Karl Lang im vergangenen Jahr identifiziert. „Wir wollen Ideengeber sein“ und etwa demonstrieren, dass nicht immer alles gemäht sein muss", sagt Ulrich Lang. Das Biotop solle auch zeigen, dass ökologisches Handeln selbst auf kleinem Raum möglich ist. 

Abgesehen von der Blühwiese haben die Vereinsmitglieder eine etwa kniehohe Trockenmauer gebaut. Und eigentlich gehofft, dass sich Eidechsen dort ansiedeln. Doch das hat bisher nicht geklappt, sagt Ulrich Lang, offenbar krallen sich Katzen gern die Amphibien. Dafür wüssten verschiedene Insekten die Mauerfugen als Wohnung zu schätzen. Und wem weder Insektenhotel noch Mauerritzen zusagen, der geht in den eigens am Rand des Zwickels aufgeschütteten hellen Boden - kein simpler Dreckhaufen, betont Ulrich Lang, sondern Waldsand. Den bevorzugen bestimmte  Insekten, die dort Gänge hineingraben. 70 bis 80 Prozent der Wildbienen etwa wohnen im Boden, erzählt er.

Leben im Totholz

Ebenfalls am Rand des Biotops findet sich ein kurzes Stück Benjeshecke – längs aufgeschichtetes Tot- und Schnittholz. An dieser Stelle und mit ihrem guten Meter Länge dient sie nur der Demonstration, reicht aber bereits aus, um etwa Igeln Unterschlupf zu bieten. In groß gibt es auf Anregung von NaZuWa seit kurzem eine solche Hecke am Friedhof zu sehen.  

Noch zart im Wuchs und in luftigem Abstand: Heimische Sträucher wie Sommerflieder, Holunder oder Haselnuss sollen einmal als lebendige Hecke zwei Seiten des Areals einfrieden. Ebenfalls noch dichter werden sollen die Informationen auf der großen Schautafel, die bereits jetzt zeigt, wieviel Arbeit die ehrenamtlich Engagierten seit der ersten Idee im  Herbst 2020 in die Fläche gesteckt haben. Was charakteristisch für ein Trockenbiotop, aber nicht zu sehen ist, nennt Ulrich Seidl: „Man muss ziemlich viel Geduld haben.“

Neues Projekt und Fest

Das nächste Projekt - initiiert von Heimatverein und Gemeindeverwaltung, ist bereits geplant: Im Alten Friedhof in Waldstetten wird der Verein NaZuWa im Lauf des Sommers an der Kapelle beginnen, ein weiteres Biotop zu gestalten, sagt  Ulrich Lang. Wie am Sportgelände sollen dort ein Insektenhotel und eine Blühwiese entstehen. Sind es am Sportgelände die Schüler der Gemeinschaftsschule, denen er bereits das Biotop nahegebracht hat, soll die Fläche im Alten Friedhof den Kindergartenkindern das Biotop erlebbar machen. 

Eine kleine Eröffnungsfeier für das Biotop am Sportgelände soll es am Sonntag, 18. Juni, gebe.

Eine Magerwiese benötigt Licht und Luft, damit eine möglichst große Vielfalt an Pflanzen sich ausbreiten kann.
Eine Magerwiese benötigt Licht und Luft, damit eine möglichst große Vielfalt an Pflanzen sich ausbreiten kann. © Müller, Anja
Das Insektenhotel wird bereits von einigen Bewohnern in Besitz genommen
Das Insektenhotel wird bereits von einigen Bewohnern in Besitz genommen © Müller, Anja
Eine infotafel zeigt, was am Biotop bereits geschehen ist, sie wird noch weiter ergänzt.
Eine infotafel zeigt, was am Biotop bereits geschehen ist, sie wird noch weiter ergänzt. © Müller, Anja
Ulrich Lang (l.) und Ulrich Seidl im Experimentierfeld Magerwiese, wo sie auf mehreren Abschnitten testen, wie verschieden häufiger Grasschnitt sich auswirklt.
Ulrich Lang (l.) und Ulrich Seidl im Experimentierfeld Magerwiese, wo sie auf mehreren Abschnitten testen, wie verschieden häufiger Grasschnitt sich auswirklt. © Müller, Anja
Erste Bewohner sind bereits eingezogen ins Insektenhotel und haben die vorgebohrten Löcher verschlossen.
Erste Bewohner sind bereits eingezogen ins Insektenhotel und haben die vorgebohrten Löcher verschlossen. © Müller, Anja

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