Hamburg - Sportdirektor Frank Arnesen vom Hamburger SV kann die Kritik des Klub-Idols Uwe Seeler wegen des Wechsels von dessen Enkel zu Bayer Leverkusen nicht nachvollziehen.
Uwe Seeler ist sauer. Richtig sauer. Doch nicht das Versagen seines HSV auf dem Platz gegen Eintracht Frankfurt (0: 2) im Kampf um die Europapokal-Plätze macht das Klub-Idol so wütend, sondern der Umgang des Vereins mit seinem talentierten Enkel Levin Öztunali. Der 16 Jahre alte Mittelfeldspieler hatte vergangene Woche einen neuen Vertrag beim Hamburger SV ausgeschlagen und wechselt im Sommer zu Bayer Leverkusen.
„Es ist armselig, was mit meinem Enkel passiert ist. Die ganze Sache hat nichts mit Geld zu tun. Ich kenne die Hintergründe. Beim HSV reagiert man oft viel zu spät. Ich stehe voll und ganz hinter Levins Entscheidung. Sie ist reiflich überlegt“, sagte Seeler der Bild am Sonntag.
Besonders Sportdirektor Frank Arnesen bekam den Zorn des 76-Jährigen zu spüren: „Der Sportchef sollte sich gut überlegen, was er so von sich gibt.“ Arnesen hatte vor der Entscheidung von Öztunali gesagt: „Es liegt an Levin, ob er sich für die Ausbildung und Familie oder fürs Geld entscheidet.“ Finanziell habe man sich noch nie so um ein Talent bemüht wie dem Seeler-Enkel, der ab Sommer bei den Profis hätte mittrainieren dürfen.
Arnesen hat am Sonntag die Kritik gekontert. „Ich glaube, wir haben alles getan. Fünf sehr gute Talente gehen den Weg mit uns, einer will das nicht, dann ist das eben so. Einmal verlierst du, einmal gewinnst du“, sagte der Däne im NDR Sportclub.
Der Transfer zu Bayer hatte in Hamburg hohe Wellen geschlagen, schließlich geht es nicht um irgendeinen x-beliebigen Nachwuchskicker, sondern um den Enkel von „Uns Uwe“. Da wird jedes Detail zum Politikum.
Und jetzt darf der Juniorennationalspieler nicht einmal mehr in der U19 des HSV spielen, trainiert nur noch in der U17 des Klubs. „Über die Suspendierung ärgere ich mich am meisten. Das geht gar nicht“, schimpfte Opa Seeler. Die Gründe für den Wechsel lägen allein in der sportlichen Perspektive begründet, hätten mit Geld nichts zu tun. Der HSV müsse seine Nachwuchsförderung grundlegend überdenken. In Leverkusen soll Öztunali 1,7 Millionen Euro bis 2018 verdienen.
Der U17-Nationalspieler sei nicht suspendiert worden, erklärte Arnesen am Sonntag. „Das ist Unsinn. Er ist ein Spieler von uns, und wir respektieren seinen Vertrag. Er trainiert weiter mit der U17. Aber es ist doch ganz klar, dass die Spieler, die hier sein wollen, Vorrang kriegen, und wir ihnen die Chance geben“, sagte Arnesen: „Ich finde das ganz logisch. Wir sind hier, um Spieler auszubilden - für den HSV.“
Auch Trainer Thorsten Fink war sauer. Aber das lag nicht an dem Öztunali-Wechsel, sondern an der enttäuschenden Leistung seiner Mannschaft gegen Frankfurt. Durch die Pleite verpasste es der HSV die Patzer der Konkurrenz auszunutzen und auf Platz fünf zu springen. „In diesem Jahr schaffen wir einfach noch nicht den Schritt“, sagte Fink.
Und Torwart Rene Adler meinte: „Es wird immer viel von Konstanz gesprochen. Wir müssen nach einem Derbysieg einfach mal nachlegen. Da müssen wir einfach mal effektiver sein und knallhart die Sache ausnutzen. Daran sieht man, dass wir noch relativ grün sind und eine relativ junge Mannschaft haben.“
Der HSV präsentierte sich gegen Frankfurt aber auch taktisch unterlegen. Das Team wehrte sich zwar und rannte in der zweiten Hälfte wütend an, doch die Bemühungen waren relativ planlos. Zudem schafft es der Bundesliga-Dino nicht, sich vom Tropf seines Superstars zu lösen. Ist Rafael van der Vaart nicht in Form, wird es auch für den HSV schwierig.
Gegen Frankfurt sprintete der 29-Jährige nur fünfmal - zuletzt traf er Ende September, das letzte Tor bereitete er Ende Oktober vor. Und so dümpeln die Hanseaten weiter im Niemandsland der Tabelle herum. Dabei könnte der klamme HSV, der im laufenden Geschäftsjahr erneut ein Millionen-Minus einfahren wird, die Einnahmen aus einem europäischen Wettbewerb mehr als gebrauchen.
Und so waren in Hamburg am Ende alle sauer. „Es ist sehr ärgerlich. Momentan gehören wir nicht in den internationalen Wettbewerb“, sagte Kapitän Heiko Westermann, „Frankfurt hat mehr investiert, war einfach geiler und giftiger.“ Kein gutes Zeugnis für den HSV.
sid
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