Update von 22.45 Uhr: In einer Geste der Solidarität nach der verheerenden Explosion im Hafen Beiruts ist am Mittwochabend die libanesische Flagge auf das Rathaus im israelischen Tel Aviv projiziert worden. "Menschlichkeit ist wichtiger als jeder Konflikt", schrieb Bürgermeister Ron Huldai im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Unsere Herzen sind beim libanesischen Volk." Die Aktion stieß jedoch nicht bei allen Israelis auf Zuspruch - offiziell befinden beide Länder sich im Krieg.
Israels Minister für Jerusalem-Angelegenheiten, Rafi Peretz, von der nationalreligiösen Siedlerpartei Jüdisches Heim verurteilte die Reaktion auf die Katastrophe in Beirut, bei der mindestens 113 Menschen ums Leben kamen und rund 4000 verletzt wurden. Humanitäre Hilfe sei eine Sache, die Flagge eines feindlichen Landes im Herzen Tel Avivs zu zeigen aber sei "moralische Verwirrung".
Israel und der Libanon befinden sich formal noch immer im Kriegszustand. In den vergangenen Wochen nahmen die Spannungen nach Schusswechseln an der Grenze wieder zu. 2006 bekämpften sich Israel und die vom Iran unterstützte schiitische Hisbollah-Miliz in einem monatelangen Krieg. 1200 Libanesen wurden getötet, die meisten davon Zivilisten. Auf israelischer Seite starben 160 Menschen, die meisten davon Soldaten.
Seit Monaten leidet der Libanon an einer Wirtschaftskrise. Dann kam Corona hinzu. Jetzt stürzt die schwere Explosion im Hafen von Beirut die Menschen endgültig in Verzweiflung. Wir haben mit Augenzeugen gesprochen. Darunter ein Deutscher, der die Katastrophe hautnah erlebte. Auch fr.de* berichtete darüber.
Update vom 5. August, 21.15 Uhr: Die verheerende Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut ist nach Einschätzung von US-Verteidigungsminister Mark Esper ein Unfall gewesen. Diese Aussage revidiert die seines Präsidenten Donald Trump über einen "Anschlag".
Ein Brautpaar war gerade dabei Hochzeitsfotos zu schießen, als es etwa zwei Kilometer von ihnen entfernt explodierte. Die Druckwelle reißt die Braut von den Füßen. Die Gäste und das Paar können sich noch in einen Hauseingang retten, während es um sie herum Trümmer und Glassplitter regnet.
Update vom 5. August, 20.29 Uhr: Angesichts der verheerenden Explosion in Beirut hat das UN-Sondertribunal zum Libanon die Urteilsverkündung im Fall des ermordeten früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri verschoben. Das Urteil sollte am Freitag in Den Haag verlesen werden. Die Entscheidung „geschah aus Respekt für die unzähligen Opfer der zerstörerischen Explosion, die Beirut am 4. August erschütterte, und der dreitägigen öffentlichen Trauer im Libanon“, erklärte das Gericht am Mittwochabend in Leidschendam bei Den Haag.
Das Gericht drückte seine Solidarität mit dem libanesischen Volk in „diesen schwierigen Zeiten“ aus. Das Urteil soll nun am 18. August verlesen werden. Vier Mitglieder der militanten Hisbollah-Bewegung sind wegen des Terroranschlages von 2005 angeklagt worden. Der Prozess war in ihrer Abwesenheit geführt worden.
Update vom 5. August, 19.37 Uhr: Die großen Schäden am Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut könnten sich nach Angaben der Vereinten Nationen auch auf die Lage vieler Menschen in Syrien auswirken. Der Hafen werde zum Umschlag von humanitären Hilfsgütern für das Bürgerkriegsgebiet genutzt, sagte ein Sprecher am Mittwoch in New York. „Dies wird unsere Fähigkeit zur Unterstützung in Syrien beeinträchtigen.“
Der bei einer Explosion mit Dutzenden Toten und Tausenden Verletzten zerstörte Hafen ist für das gesamte Land eine immens wichtige Einrichtung und eine zentrale Stelle für Importe und Exporte. Syrien grenzt im Osten und im Norden an den Libanon.
Der UN-Sprecher ging davon aus, dass angesichts des Schadens zusätzliche internationale Unterstützung für das Land gebraucht werde. Auch rund 100 UN-Mitarbeiter seien durch die Explosionen verletzt worden, sagte der Sprecher; zwei Familienangehörige der UN-Kräfte seien verstorben.
Update vom 5. August, 19.08 Uhr: Nach der Explosion im Hafen von Beirut ist auch das Kreuzfahrtschiff „Orient Queen“ gesunken. Zwei Besatzungsmitglieder seien ums Leben gekommen, sieben weitere verletzt worden, teilte die libanesische Kreuzfahrtgesellschaft Abou Merhi Cruises mit, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA am Mittwoch meldete. Das 1989 fertiggestellte und rund 121 Meter lange Schiff fuhr unter der Flagge der Bahamas und hatte nach Angaben des Dienstes „Marine Traffic“ Ende Juni in Beirut angelegt.
„Leider wurde das Schiff, das im Hafen von Beirut anlegte, vor dem Eindringen des Wassers schwer beschädigt. Alle Rettungsbemühungen waren erfolglos“, zitierte die NNA aus einer Erklärung des Eigners Mari Abu Merhi. Er trauere um die Opfer auf dem Schiff und um andere, die bei der Explosion gestorben seien.
Update vom 5. August, 18.52 Uhr: Die Zahl der Opfer nach der verheerenden Explosion in Beirut steigt immer weiter. Dabei seien in der libanesischen Hauptstadt mindestens 135 Menschen getötet und weitere 5000 verletzt worden, sagte Gesundheitsminister Hassan Hamad laut einem Bericht des Fernsehsenders MTV am Mittwoch. Zuvor war nach offiziellen Angaben von mindestens 113 Toten und etwa 4000 Verletzten die Rede.
Update vom 5. August, 18.37 Uhr: Der Münchner Kabarettist Christian Springer ist oft im Libanon, um mit seinem Hilfsprojekt den Menschen in der krisengebeutelten Region zu helfen. Die Katastrophe von Beirut trifft ihn ins Mark. Im Interview mit Merkur.de* spricht er über das Desaster und Ausmaß der Explosion am wichtigsten Hafen des Landes.
Update vom 5. August, 18.03 Uhr: Bei der verheerenden Explosion in Beirut sind mindestens 21 französische Staatsbürger verletzt worden. Das teilte der Pariser Chef-Staatsanwaltschaft Rémy Heitz am Mittwoch mit. Die Staatsanwaltschaft habe eine Untersuchung wegen fahrlässiger Körperverletzung aufgenommen. Ermittler werden aktiv, falls Franzosen im Ausland zu Schaden kommen.
Update vom 5. August, 17.14 Uhr: Nach der verheerenden Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut will die Regierung Verantwortliche des dortigen Hafens unter Hausarrest stellen. Dabei handele es sich um Personen, die in den vergangenen Jahren für die Lagerung und Bewachung von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat zuständig gewesen seien, erklärte Informationsministerin Manal Abdel Samad am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA meldete. Unklar war zunächst, wie viele Personen davon betroffen sind.
Die Regierung beschloss der Ministerin zufolge zudem einen zweiwöchigen Notstand für Beirut. Eine Untersuchungskommission solle dem Kabinett innerhalb von fünf Tagen einen ersten Bericht zu den Umständen der Detonation vorlegen, sagte Abdel Samad weiter. Die Stadt wurde auf Empfehlung des Höheren Verteidigungsrats zum Katastrophengebiet erklärt.
Update vom 5. August, 17.11 Uhr: Bei der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut sind auch acht Deutsche verletzt worden. Das geht aus einem internen Lagebericht des Technischen Hilfswerks (THW) vom Mittwoch hervor. Einsatzkräfte des THW sollten am Abend zur Unterstützung der Deutschen Botschaft nach Beirut fliegen. Das Botschaftsgebäude war durch die Detonation beschädigt worden.
Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministers Hassan Hamad kamen durch die Explosion am Dienstag mindestens 113 Menschen ums Leben, etwa 4000 weitere wurden verletzt. Die Ursache für die gewaltige Detonation ist noch nicht geklärt. Möglicherweise wurde sie durch eine große Menge Ammoniumnitrat ausgelöst, die dort gelagert worden war.
Update vom 5. August, 14:25 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier haben sich erschüttert über die Detonationen in Beirut gezeigt und rasche Hilfe zugesagt. Der Libanon könne „in dieser schweren Zeit“ auf die „Hilfe und Unterstützung der Bundesregierung zählen“, schrieb Merkel am Mittwoch in einem Kondolenztelegramm an Ministerpräsident Hassan Diab. Sie habe „mit großer Bestürzung“ von den Explosionen erfahren und wolle ihr „tief empfundenes Beileid aussprechen“.
Steinmeier zeigte sich in einem Schreiben an Libanons Präsident Michel Aoun „betroffen und schockiert“ über die Ereignisse. „Gerade in Zeiten der Covid-19-Pandemie wiegt diese Katastrophe besonders schwer“, schrieb er. Deutschland werde „tun, was es kann, um den Menschen im Libanon zur Seite zu stehen“.
Das Auswärtige Amt hat einen Krisenstab eingerichtet, um nach den verheerenden Explosionen in der libanesischen Hauptstadt Beirut helfen zu können. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, es gehe jetzt vor allem um kurzfristige humanitäre Hilfe. Eine Gruppe des Technischen Hilfswerkes (THW) solle noch im Laufe des Tages in den Libanon aufbrechen. Die libanesische Regierung hatte angefragt, ob Deutschland bei der Suche nach Vermissten und Verschütteten helfen könnte. Zudem wurde über medizinische Hilfeleistungen, Hilfsgüter und logistische Unterstützung nachgedacht, wie ein Sprecher erklärte.
Außerdem erklärte er, dass ein älteres Gebäude der Deutschen Botschaft vor Ort wieder eingerichtet wurde, damit sie sowie der dortige Krisenstab trotz des Schadens am eigentlichen Botschafts-Gebäude arbeitsfähig blieben. Ein abschließendes Lagebild bezüglich der Deutschen vor Ort sei noch nicht möglich. Einige Meldungen über Verletzte unter den Deutschen gebe es aber schon jetzt.
Update vom 5. August, 13:30 Uhr: Wie Focus Online berichtet, ist unwahrscheinlich, dass die Detonation in Beirut durch eine Bombe verursacht wurde. Die Erklärung des libanesischen Ministerpräsidenten Hassan Diab sei realistisch: dass die Explosion durch eine große Menge der chemischen Substanz Ammoniumnitrat* ausgelöst wurde, laut libanesischer Regierung konkret 2750 Tonnen.
„Für mich ist Diabs Argumentation schlüssig“, erklärte Sprengstoffexperte Marc Wende vom Bayerischen Landeskriminalamt gegenüber Focus Online. Zum einen zeigten die Videos aus Beirut, dass es bereits vor der Explosion in dem Gebäude gebrannt habe. Eine Rucksack-, Koffer- oder übliche Fliegerbombe könne einen Schaden „der Dimension, wie wir sie in Beirut sehen“ nicht verursachen.
Dies bestätigte laut Focus Online auch Norbert Gebbeken, der das Forschungszentrum RISK (Risiko, Infrastruktur, Sicherheit und Konflikt) in München leitet: „Eine derartige Menge an Explosivstoff wird üblicherweise nicht in einer Bombe untergebracht, die per Definition eine meist metallische Hülle hat.“ Große Hitze oder ein starker Schlag könne dafür sorgen, dass der chemische Stoff detoniert, der unter anderen als Düngemittel oder Sprengstoff in der Bauindustrie verwendet wird, detoniert.
Update vom 5. August, 12:35 Uhr: Die Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut hat die Wohnungen von Zehntausenden Menschen zerstört. Beiruts Gouverneur Marwan Abbud sagte am Mittwoch dem libanesischen Sender MTV, zwischen 200 000 und 250 000 Einwohner seien nun obdachlos. Der Schaden liege zwischen drei und fünf Milliarden Dollar, erklärte Abbud weiter, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete.
Experten warnten vor den wirtschaftlichen Folgen. Die Wirtschaft des Landes leidet ohnehin unter einer der schwersten Krisen in der Geschichte des Libanons. „Diese Explosion ist der Sargnagel für die Wirtschaft des Libanons und für das Land im Allgemeinen“, sagte der libanesische Analyst Makram Rabah der Deutschen Presse-Agentur.
Um ihre Häuser wieder aufzubauen, fehle den Menschen das Geld. Der Hafen in Beirut sei zudem die Lebensader des Landes. Unter anderem seien dort Getreidesilos zerstört worden, sodass das Land mit Hunger und Engpässen bei Brot rechnen müsse.
Update vom 5. August, 11.20 Uhr: Auf Twitter schreibt Ex-Ministerpräsident Saad Al Hariri: „Beirut schreit um Hilfe, und der Hurrikan, der sie getroffen hat, lässt das Herz bluten. Jeder ist aufgerufen, der Stadt zu helfen und sich mit unseren Menschen in allen betroffenen Vierteln zu solidarisieren. Das Ausmaß der Opfer ist zu groß, um beschrieben zu werden und der größte Schaden sind Dutzende von Toten und Verletzten.“
Das ohnehin instabile und von der Corona-Pandemie belastete Gesundheitssystem kann die Masse der Verletzten nicht auffangen, zudem wurden einige der Rund 30 Krankenhäuser zerstört. Zum Teil müssen Verletzte auf Parkplätzen behandelt oder gar abgewiesen werden, die Bild berichtet. Zudem werden Blutkonserven knapp - deshalb ruft das libanesische Rote Kreuz zu Blutspenden auf.
Mehrere Länder wie Frankreich oder Israel haben dem Libanon bereits konkrete Hilfen zugesichert. DRK-Pressesprecher Dr. Dieter Schütz erklärte gegenüber Bild, dass derzeit über mögliche Hilfsangebote aus Deutschland beraten wird.
Update vom 5. August, 9.30 Uhr: Das libanesische Rote Kreuz hat die Zahl der Toten auf mindestens 100 nach oben korrigiert. Zudem gebe es mehr als 4000 Verletzte. „Unsere Teams setzen die Such- und Rettungsaktivitäten in den umliegenden Gegenden fort", hieß es.
Zwei Militärflugzeuge aus Frankreich sollen mehrere Tonnen medizinisches Material in den Libanon bringen und 55 Angehörige des französischen Zivilschutzes befördern. Das teilte der Élyséepalast mit. Zudem schickt Frankreich etwa ein Dutzend Notärzte, um die Verletzten vor Ort zu behandeln. Bereits am Dienstag hatte der französische Staatschef Emmanuel Macron seine Hilfe zugesagt. Der Libanon ist ein ehemaliger Teil des französischen Mandatsgebiets im Nahen Osten, die Länder sind immer noch eng verbunden.
Update vom 5. August, 6.36 Uhr: Die Explosion in Beirut hat verheerende Folgen*: Die vorläufige Zahl der Opfer des Unglücks in der libanesischen Hauptstadt* gaben die Behörden in der Nacht zum Mittwoch mit 73 an. Zuvor war von 50 Toten die Rede gewesen. Mindestens 3700 weitere Menschen wurden verletzt, unter ihnen auch Mitarbeiter der deutschen Botschaft. Die Ursache der Detonation war noch unklar.
Laut Ministerpräsident Hasan Diab waren 2750 Tonnen Ammoniumnitrat* detoniert. Das Material sei seit sechs Jahren ohne Vorsichtsmaßnahmen in einem Lagerhaus untergebracht gewesen. Ammoniumnitrat kann zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden.
US-Präsident Donald Trump sprach von einem „furchtbaren Angriff“ mit einer „Art von Bombe“*. Er berief sich dabei auf Angaben von US-Generälen. Weder vom Pentagon noch den libanesischen Behörden kamen jedoch irgendwelche öffentlichen Hinweise darauf, dass es sich möglicherweise um einen Anschlag gehandelt haben könnte.
Große Teile des Hafens und der umliegenden Stadtgebiete wurden verwüstet. Auf Bildern waren unter Trümmern eingeklemmte Menschen zu sehen, viele von ihnen blutüberströmt. Die Krankenhäuser seien mit den vielen Verletzten komplett überlastet, sagte Gesundheitsminister Hamad Hassan beim Besuch eines Hospitals. „Es ist eine Katastrophe im wahrsten Sinne des Wortes.“ Der Oberste Verteidigungsrat des Landes erklärte die Stadt zur „Katastrophenzone“.
Auch das Gebäude, in dem sich die deutsche Botschaft befindet, wurde nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin beschädigt. Angesichts der starken Schäden im Stadtgebiet schloss das Ministerium nicht aus, dass weitere deutsche Staatsangehörige unter den Todesopfern und Verletzten sein könnten.
Noch Stunden nach den Explosionen kreisten Hubschrauber über der Gegend, um gegen die Flammen anzukämpfen. Die Detonationen waren im gesamten Land zu hören gewesen - und auch im 240 Kilometer entfernten Nikosia auf der Mittelmeerinsel Zypern.
Diab bat in einer Fernsehansprache alle befreundeten Staaten um Hilfe. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dem Libanon Unterstützung zu. Hilfszusagen kamen aus aller Welt, darunter auch von Israel und dem Iran. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte die Lieferung „mehrerer Tonnen“ medizinischem Hilfsmaterials an. Der Libanon befindet sich seit Jahren in einer Abwärtsspirale: Das Land leidet unter einer schweren Wirtschaftskrise, fast die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut. Die Krise wurde in den vergangenen Monaten durch die Corona-Pandemie verschlimmert.
Ursprungsmeldung vom 4. August: Beirut - Bei einer schweren Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am Dienstag mindestens 50 Menschen getötet und weitere 2700 verletzt worden. Das teilte Gesundheitsminister Hassan Hamad am späten Dienstagabend mit. Der Generalsekretär des libanesischen Roten Kreuzes, Georges Kettaneh, berichtete der Deutschen Presse-Agentur ebenfalls von mehr als 2000 Verletzten.
Über die genaue Zahl der Opfer herrschte am Abend weiter Unklarheit. Das libanesische Rote Kreuz war mit 30 Teams im Einsatz. Augenzeugen berichteten von Leichen auf den Straßen. Anwohner berichteten der dpa von zwei aufeinanderfolgenden Explosionen. Die Gegend rund um den Beiruter Hafen glich nach der Detonation einem Trümmerfeld, noch in mehreren Kilometern Entfernung sind Fenster in die Brüche gegangen.
Die libanesische Armee half dabei, Verletzte in Krankenhäuser zu bringen. Bürger wurden aufgerufen, Blut zu spenden. Im Internet kursierten Fotos und Videos von zerstörten Fenstern an Wohnhäusern und Trümmern auf den Straßen. Hunderte Autos wurden beschädigt. Ein Polizist sagte, die Schäden erstreckten sich kilometerweit. Kurz nach der Explosion fielen Telefon und Internet in der Stadt aus. „Wir saßen in unserem Wohnzimmer, und plötzlich fielen uns die Wand und Glas auf den Kopf“, sagte ein Anwohner namens Rumi.
Die Nachrichtenagentur NNA berichtete, am Hafen sei in einem Lagerhaus Feuer ausgebrochen. Innenminister Mohammed Fahmi sagte, nach vorläufigen Informationen sei ein hochexplosives Material detoniert, das seit Jahren am Hafen gelagert wurde. Anderen Berichten zufolge ereignete sich die Explosion in einem Lager für Feuerwerkskörper.
Am Abend gab es Spekulationen, eine große Menge Ammoniumnitrat sei im Hafen explodiert. Die Zersetzung des Stoffs, der auch zur Herstellung von Sprengsätzen dienen kann, führt bei höheren Temperaturen zu Detonationen. Die Substanz diente zum Raketenantrieb und vor allem zur Düngemittelherstellung. Berichten zufolge hatten libanesische Behörden vor einigen Jahren 2700 Tonnen des Stoffs an Bord eines Schiffs sichergestellt und ihn seit mehreren Jahren im Hafen gelagert. Eine Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.
Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es zunächst nicht. Wenige Kilometer vom Ort der Explosion entfernt waren 2005 der damalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri und 21 weitere Menschen bei einem Sprengstoffanschlag getötet worden. Die Residenz seines Sohnes, der frühere Ministerpräsident Saad Hariri, wurde bei der Explosion am Dienstag beschädigt.
An diesem Freitag will das UN-Libanon-Sondertribunal in Den Haag sein Urteil gegen vier Angeklagte in dem Fall von 2005 verkünden. Viele Libanesen machen die Führung des Nachbarlandes Syrien für den Anschlag auf Hariri verantwortlich. Er hatte vor seinem Tod den Abzug der damals im Libanon stationierten syrischen Truppen verlangt. „Wir haben keine Informationen darüber, was genau passiert ist und was der Auslöser war, ob es ein Unfall oder ein herbeigeführter Akt war“, sagte ein UN-Sprecher kurz nach der Tat am Dienstag in New York. „Zu diesem Zeitpunkt sind unsere Gedanken bei den Menschen im Libanon. Was auch immer passiert ist: Wir hoffen, dass der Schaden begrenzt ist und dass die Sicherheit des libanesischen Volkes garantiert ist.“
Frankreich hat nach nach den Ereignissen am Dienstag Unterstützung zugesagt. Frankreich schicke Hilfe in den Libanon, schrieb der französische Staatschef Emmanuel Macron am Dienstagabend auf Twitter. Frankreich stehe immer Seite an Seite mit dem Libanon, so Macron auf Arabisch.
Macron habe mit seinem libanesischen Amtskollegen Michel Aoun telefoniert, teilte der Élyséepalast mit. In dem Gespräch drückte Macron demnach seine Unterstützung und die der Franzosen für das libanesische Volk aus. Der heutige Libanon war früher Teil des französischen Mandatsgebiets im Nahen Osten, die beiden Länder haben immer noch eine enge Beziehung.
Auch das Nachbarland Israel hat humanitäre Hilfe angeboten. „Unter Anweisung von Verteidigungsminister Benny Gantz und Außenminister Gabi Aschkenasi hat Israel sich an den Libanon durch internationale diplomatische und Verteidigungs-Kanäle gewandt“, teilten beide Minister in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Der libanesischen Regierung sei „medizinische humanitäre Hilfe“ angeboten worden.
Der Libanon und Israel haben keine diplomatischen Beziehungen. Offiziell befinden sich die beiden Nachbarländer noch im Krieg. Libanesen sind jegliche Kontakte mit Israelis verboten. An der Grenze kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah. Diese befand sich zuletzt im Jahr 2006 in einem rund einmonatigen Krieg mit Israel.
Spekulationen, dass Israel hinter der Explosion stecken könnte, räumte Außenminister Aschkenasi aus. Es handle sich um einen „von einem Brand ausgelösten Unfall“, sagte Aschkenasi dem israelischen TV-Sender Channel 12. Bei Spekulationen sei Vorsicht geboten, sagte Aschkenasi. „Ich sehe keinen Grund, die Berichte aus Beirut (über einen Unfall) nicht zu glauben.“
Zuschauer des ARD und ZDF regten sich dagegen über deren Berichterstattung auf. Zuerst ging es um Fußball, dann um Corona Demonstrationen. Die Explosion in Beirut wurde es im Nachrichtenblock erwähnt. Was sonst noch in der Welt geschieht, lesen Sie auf merkur.de* nach. (dpa/fmü)
Emotionaler Erfahrungsbericht einer deutschen Studentin: So hat sie den Moment der Explosion erlebt.* *merkur.de, ludwigshafen24.de und wa.de sind Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.