Skurriler Moment im ZDF-Talk

Illner verwirrt (nicht nur) Habeck: „Ja, im Dezember – deswegen heißt er Dezember-Abschlag“

+
Robert Habeck zu Gast bei Maybrit Illner

Maybrit Illner verwirrt Robert Habeck – beim Thema „Dezember-Abschlag“ wird es skurril. Banken-Chef Christian Sewing nimmt den Wirtschaftsminister ohnehin in Schutz. 

Stammzuschauer von Maybrit Illners Talk könnten sich am Donnerstagabend gewundert haben. Bloß zwei Gäste präsentiert die Moderatorin. Hintergrund ist die Themenwoche des ZDF zur Energiekrise. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank, teilen sich deshalb die gut einstündige Sendezeit. Illner spricht von einer „besonderen Sendung in besonderen Zeiten“.

Zu Beginn konfrontiert sie den Wirtschaftsminister mit einer beinahe überraschend direkten Frage: „Vertrauen die Menschen Ihnen noch?“ Habeck ist die Verwunderung anzumerken. Seine Antwort fällt vage aus: „Die Frage ist, mache ich meinen Job für das Land und ich tue es.“

„Maybrit Illner“ - diese Gäste diskutierten mit:

  • Robert Habeck (Grüne) - Bundeswirtschaftsminister
  • Christian Sewing – Chef der Deutschen Bank

Sewing gibt hingegen unumwunden zu, dass nicht nur der Politik, sondern auch den Banken Fehler unterlaufen sind: „Ich würde niemals sagen, dass wir fehlerfrei sind, wir müssen besser werden.“ Allerdings relativiert er anschließend: „Für diese Krise gibt es kein Textbuch, wo sie links und rechts die Lösung ausschütten können, aber die Bundesregierung hat insgesamt ordentlich agiert.“ Habeck freut sich über die lobenden Worte Sewings.

Maybrit Illner verwirrt Habeck mit ihren Fragen

Im September hatte sich Habeck bei ARD-Talkkollegin Sandra Maischberger in einen kleinen Shitstorm geredet. Diesmal ist es sein Gastgeberin, die sich irgendwie in Begrifflichkeiten zu verheddern scheint. „Ein Dezember-Abschlag soll kommen, um gestiegene Gaspreise abzufedern“, leitet Illner ein, um dann eine seltsame Frage zu stellen. „Wann kommt dieser Dezember-Abschlag?“, möchte sie wissen. Stirnrunzeln bei Habeck. „Ja, im Dezember, deswegen heißt er Dezember-Abschlag“, sagt der Minister. Auf Nachhaken Illners gibt Habeck zu: „Jetzt bin ich verwirrt. Im Dezember wird der Abschlag nicht erhoben, das heißt: Er kommt nicht, sondern er wird nicht erhoben.“

„Ich finde das völlig irrelevant, das interessiert mich überhaupt nicht.“

Robert Habeck reagiert genervt auf eine Frage zu (mangelnder) Unterstützung von Kanzler Olaf Scholz.

Dem Vorwurf, dass die Gas- und Strompreisbremse nicht gerecht sei, möchte Habeck gar nicht erst widersprechen: „Ich kann keinen gerechten Vorschlag machen, weil die Stadtwerke als Versorger nicht wissen, wie viele Personen in den Haushalten leben. Sie können am Gasverbrauch nicht ablesen, ob jemand alleine in der beheizten Villa oder zu viert in einer WG wohnt.“ Ebenso wenig könnten die Stadtwerke das Vermögen der Verbraucher einsehen. Der Minister verteidigt sich fast wütend: „Ich kann keinen gerechten Vorschlag machen, aber die Konsequenz der Kritik wäre eben, dass gar nichts passiert.“

Illner im ZDF: Habeck gibt genervte Antworten

Doch das ist noch nicht das Ende der genervten Antworten des Ministers. „Warum mussten Sie diesen Vorschlag alleine verteidigen, warum hat Olaf Scholz sich nicht früher vor diesen Vorschlag gestellt?“, stichelt Illner. Habeck verliert kurzzeitig die Fassung: „Ich finde das völlig irrelevant, das interessiert mich überhaupt nicht.“ Die wochenlange Diskussion über die Rettung von Uniper sei richtig gewesen. „Dass es in einer Demokratie auch Debatten gibt, dass gestritten wird, ist völlig in Ordnung“, stellt der Grüne fest.

Sewing sagt eine Rezession ab März oder April des kommenden Jahres voraus. Über die Hälfte der Deutschen sei nicht mehr in der Lage zu sparen, was aktuell aber noch nicht durchschlage. Grund dafür sind Rücklagen aus der pandemischen Phase. Erst wenn diese aufgebraucht sind, komme es zu einem Nachfrage-Stopp. „Deswegen muss jetzt geholfen werden“, fordert Sewing. Vor diesem Hintergrund verteidigt der Bank-Chef die Gaspreisbremse. Er bezeichnet es als „wichtig, dass wir die jetzt haben“. Es werde zwar mehr Insolvenzen geben, von einer Pleitewelle geht Sewing aber nicht aus, „wir haben keine Weltuntergangsstimmung“.

Sewing über Green Deal: „Wird noch viel mehr Milliarden kosten“

Sewing glaubt, dass es noch ein langer Weg sein wird, die europäische Wirtschaft auf den Green Deal zu eichen. „Das wird länger dauern und wird noch viel, viel mehr Milliarden kosten. Aber genau da müssen wir jetzt anfangen zu investieren.“ Habeck macht sogar etwas Positives aus; er freut sich über die überwiegend positive Reaktion der Menschen und das Gespür für die besonderen Anforderungen in einer Krise. „Wenn es etwas gibt, was in diesem Land gerade passiert ist, ist es das tiefe Verständnis, dass wir keine Zeit mehr haben.“

Und wenn der Chef der Deutschen Bank zu Gast ist, darf natürlich das Dauerbrenner-Thema China nicht fehlen. Habeck und Sewing sind sich einig, dass die deutsche Wirtschaft nicht unabhängig von China werden wird, sondern weiterhin Handel betrieben muss. Mit Blick auf die USA sagt Habeck: „Wir sind insgesamt, meine ich, auch mit Blick auf das, was in Amerika passieren kann, gut beraten, die europäische Souveränität, also eine eigene Linie, eine eigene politische Kraft zu stärken.“

Maybrit Illner – Fazit der Sendung

Diese Sendung hätte sich Maybrit Illner sparen können. Die Idee mit bloß zwei Gästen einen Rundumschlag zu Wirtschaftsthemen zu machen, ist nicht aufgegangen. Das liegt zum einen daran, dass die beiden Gäste sich in allen Punkten einig waren und keine Diskussion aufkam. Zum anderen machte es den Eindruck, als ob Maybrit Illner sich selbst nicht sonderlich wohl fühlte – ungewöhnlich viele ihrer Fragen sorgten nicht nur bei ihren Gästen für Verwirrung. (Christoph Heuser)

Zurück zur Übersicht: Politik

Kommentare